Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1896. (30)

— 580 — 
§. 2258. 
Durch die Errichtung eines Testaments wird ein früheres Testament insoweit 
aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. 
Wird das spätere Testament widerrufen, so ist das frühere Testament in 
gleicher Weise wirksam, wie wenn es nicht aufgehoben worden wäre. 
§. 2259. 
Wer ein Testament, das nicht in amtliche Verwahrung gebracht ist, im Be- 
sitze hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers 
Kenntniß erlangt hat, an das Nachlaßgericht abzuliefern. 
Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als einem Gericht oder 
befindet es sich bei einem Notar in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode 
des Erblassers an das Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es 
von dem Testamente Kenntniß erlangt, die Ablieferung zu veranlassen. 
§. 2260. 
Das Nachlaßgericht hat, sobald es von dem Tode des Erblassers Kenntniß 
erlangt, zur Eröffnung eines in seiner Verwahrung befindlichen Testaments einen 
Termin zu bestimmen. Zu dem Termine sollen die gesetzlichen Erben des Erblassers 
und die sonstigen Betheiligten soweit thunlich geladen werden. 
In dem Termin ist das Testament zu öffnen, den Betheiligten zu verkünden 
und ihnen auf Verlangen vorzulegen. Die Verkündung darf im Falle der Vorlegung 
unterbleiben. 
Ueber die Eröffnung ist ein Protokoll aufzunehmen. War das Testament ver- 
schlossen, so ist in dem Protokolle festzustellen, ob der Verschluß unversehrt war. 
§. 2261. 
Hat ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in amtlicher 
Verwahrung, so liegt dem anderen Gerichte die Eröffnung des Testaments ob. Das 
Testament ist nebst einer beglaubigten Abschrift des über die Eröffnung aufgenommenen 
Protokolls dem Nachlaßgerichte zu übersenden; eine beglaubigte Abschrift des Testa- 
ments ist zurückzubehalten. 
§. 2262.  
Das Nachlaßgericht hat die Betheiligten, welche bei der Eröffnung des Testa- 
ments nicht zugegen gewesen sind, von dem sie betreffenden Inhalte des Testaments 
in Kenntniß zu setzen. 
§. 2263. 
Eine Anordnung des Erblassers, durch die er verbietet, das Testament alsbald 
nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig. 
§. 2264. 
Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, von einem er- 
öffneten Testament Einsicht zu nehmen sowie eine Abschrift des Testaments oder 
einzelner Theile zu fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.