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§. 2258.
Durch die Errichtung eines Testaments wird ein früheres Testament insoweit
aufgehoben, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht.
Wird das spätere Testament widerrufen, so ist das frühere Testament in
gleicher Weise wirksam, wie wenn es nicht aufgehoben worden wäre.
§. 2259.
Wer ein Testament, das nicht in amtliche Verwahrung gebracht ist, im Be-
sitze hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers
Kenntniß erlangt hat, an das Nachlaßgericht abzuliefern.
Befindet sich ein Testament bei einer anderen Behörde als einem Gericht oder
befindet es sich bei einem Notar in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode
des Erblassers an das Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es
von dem Testamente Kenntniß erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
§. 2260.
Das Nachlaßgericht hat, sobald es von dem Tode des Erblassers Kenntniß
erlangt, zur Eröffnung eines in seiner Verwahrung befindlichen Testaments einen
Termin zu bestimmen. Zu dem Termine sollen die gesetzlichen Erben des Erblassers
und die sonstigen Betheiligten soweit thunlich geladen werden.
In dem Termin ist das Testament zu öffnen, den Betheiligten zu verkünden
und ihnen auf Verlangen vorzulegen. Die Verkündung darf im Falle der Vorlegung
unterbleiben.
Ueber die Eröffnung ist ein Protokoll aufzunehmen. War das Testament ver-
schlossen, so ist in dem Protokolle festzustellen, ob der Verschluß unversehrt war.
§. 2261.
Hat ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in amtlicher
Verwahrung, so liegt dem anderen Gerichte die Eröffnung des Testaments ob. Das
Testament ist nebst einer beglaubigten Abschrift des über die Eröffnung aufgenommenen
Protokolls dem Nachlaßgerichte zu übersenden; eine beglaubigte Abschrift des Testa-
ments ist zurückzubehalten.
§. 2262.
Das Nachlaßgericht hat die Betheiligten, welche bei der Eröffnung des Testa-
ments nicht zugegen gewesen sind, von dem sie betreffenden Inhalte des Testaments
in Kenntniß zu setzen.
§. 2263.
Eine Anordnung des Erblassers, durch die er verbietet, das Testament alsbald
nach seinem Tode zu eröffnen, ist nichtig.
§. 2264.
Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, von einem er-
öffneten Testament Einsicht zu nehmen sowie eine Abschrift des Testaments oder
einzelner Theile zu fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.