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§. 2315.
Der Pflichttheilsberechtigte hat sich auf den Pflichttheil anrechnen zu lassen,
was ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung
zugewendet worden ist, daß es auf den Pflichttheil angerechnet werden soll.
Der Werth der Zuwendung wird bei der Bestimmung des Pflichttheils dem
Nachlasse hinzugerechnet. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die
Zuwendung erfolgt ist.
Ist der Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so findet die
Vorschrift des §. 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§. 2316.
Der Pflichttheil eines Abkömmlinges bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge
vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung
des Erblassers zur Ausgleichung zu bringen sein würde, nach demjenigen, was auf
den gesetzlichen Erbtheil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht bei der Theilung
entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erb-
folge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.
Ist der Pflichttheilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichttheil nach Abs. 1
mehr als der Werth des hinterlassenen Erbtheils, so kann der Pflichttheilsberechtigte
von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichttheil verlangen, auch wenn der hinter-
lassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils erreicht oder übersteigt.
Eine Zuwendung der im §. 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser
nicht zum Nachtheil eines Pflichttheilsberechtigten von der Berücksichtigung aus-
schließen.
Ist eine nach Abs. 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach §. 2315
auf den Pflichttheil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des
Werthes zur Anrechnung.
§. 2317.
Der Anspruch auf den Pflichttheil entsteht mit dem Erbfalle.
Der Anspruch ist vererblich und übertragbar.
§. 2318.
Der Erbe kann die Erfüllung eines ihm auferlegten Vermächtnisses soweit
verweigern, daß die Pflichttheilslast von ihm und dem Vermächtnißnehmer verhältniß-
mäßig getragen wird. Das Gleiche gilt von einer Auflage.
Einem pflichttheilsberechtigten Vermächtnißnehmer gegenüber ist die Kürzung
nur soweit zulässig, daß ihm der Pflichttheil verbleibt.
Ist der Erbe selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er wegen der Pflichttheilslast
das Vermächtniß und die Auflage soweit kürzen, daß ihm sein eigener Pflichttheil
verbleibt.