§. 863.
Die Verschollenheitsfrist wird von dem Tage an berechnet, an welchem das
Schiff die Reise angetreten hat. Sind jedoch seit dessen Abgange Nachrichten von
ihm angelangt, so wird von dem Tage an, bis zu welchem die letzte Nachricht reicht,
diejenige Frist berechnet, welche maßgebend sein würde, wenn das Schiff von dem
Punkte, an welchem es sich nach sicherer Nachricht zuletzt befunden hat, abgegangen wäre.
§. 864.
Die Abandonerklärung muß dem Versicherer innerhalb der Abandonfrist zu-
gegangen sein.
Die Abandonfrist beträgt sechs Monate, wenn im Falle der Verschollenheit
(§. 861 Abs. 1 Nr. 1) der Bestimmungshafen ein europäischer Hafen ist und wenn im
Falle der Aufbringung, Anhaltung oder Nehmung (§. 861 Abs. 1 Nr. 2) der Unfall
sich in einem europäischen Hafen oder in einem europäischen Meere einschließlich aller
Häfen oder Theile des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres zugetragen
hat. In den übrigen Fällen beträgt die Abandonfrist neun Monate. Die Abandon-
frist beginnt mit dem Ablaufe der in den §§. 861, 862 bezeichneten Fristen.
Bei der Rückversicherung beginnt die Abandonfrist mit dem Ablaufe des Tages,
an welchem dem Rückversicherten von dem Versicherten der Abandon erklärt worden ist.
§. 865.
Nach dem Ablaufe der Abandonfrist ist der Abandon unstatthaft, unbeschadet
des Rechtes des Versicherten, nach Maßgabe der sonstigen Grundsätze Vergütung eines
Schadens in Anspruch zu nehmen.
Ist im Falle der Verschollenheit des Schiffes die Abandonfrist versäumt, so
kann der Versicherte zwar den Ersatz eines Totalschadens fordern; er hat jedoch, wenn
die versicherte Sache wieder zum Vorscheine kommt und sich dabei ergiebt, daß ein
Totalverlust nicht vorliegt, auf Verlangen des Versicherers gegen Verzicht des letzteren
auf die in Folge der Zahlung der Versicherungssumme nach §. 859 ihm zustehenden
Rechte die Versicherungssumme zu erstatten und sich mit dem Ersatz eines etwa er-
littenen theilweisen Schadens zu begnügen.
§. 866.
Die Abandonerklärung muß, um gültig zu sein, ohne Vorbehalt oder Be-
dingung erfolgen und sich auf den ganzen versicherten Gegenstand erstrecken, soweit
dieser zur Zeit des Unfalls den Gefahren der See ausgesetzt war.
Wenn jedoch nicht zum vollen Werthe versichert war, so ist der Versicherte
nur den verhältnißmäßigen Theil des versicherten Gegenstandes zu abandonniren
verpflichtet.
Die Abandonerklärung ist unwiderruflich.