Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1897. (31)

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auf ihn Anwendung findet oder wenn er die ihm im §. 127a auferlegten Pflichten 
wiederholt verletzt oder den Besuch der Fortbildungs- oder Fachschule vernachlässigt. 
Von Seiten des Lehrlinges kann das Lehrverhältniß nach Ablauf der 
Probezeit aufgelöst werden, wenn: 
1. einer der im §. 124 unter Ziffer 1, 3 bis 5 vorgesehenen Fälle vorliegt; 
2. der Lehrherr seine gesetzlichen Verpflichtungen gegen den Lehrling in 
einer die Gesundheit, die Sittlichkeit oder die Ausbildung des Lehrlinges 
gefährdenden Weise vernachlässigt, oder das Recht der väterlichen Zucht 
mißbraucht, oder zur Erfüllung der ihm vertragsmäßig obliegenden 
Verpflichtungen unfähig wird. 
Der Lehrvertrag wird durch den Tod des Lehrlinges aufgehoben. Durch 
den Tod des Lehrherrn gilt der Lehrvertrag als aufgehoben, sofern die Aufhebung 
binnen vier Wochen geltend gemacht wird. 
§. 127c 
Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hat der Lehrherr dem Lehrling unter 
Angabe des Gewerbes, in welchem der Lehrling unterwiesen worden ist, über 
die Dauer der Lehrzeit und die während derselben erworbenen Kenntnisse und 
Fertigkeiten, sowie über sein Betragen ein Zeugniß auszustellen, welches von der 
Gemeindebehörde kosten- und stempelfrei zu beglaubigen ist. 
An Stelle dieser Zeugnisse treten, wo Innungen oder andere Vertretungen 
der Gewerbetreibenden bestehen, die von diesen ausgestellten Lehrbriefe. 
 §. 127d. 
Verläßt der Lehrling in einem durch dies Gesetz nicht vorgesehenen Falle 
ohne Zustimmung des Lehrherrn die Lehre, so kann letzterer den Anspruch auf 
Rückkehr des Lehrlinges nur geltend machen, wenn der Lehrvertrag schriftlich 
geschlossen ist. Die Polizeibehörde kann in diesem Falle auf Antrag des Lehr— 
herrn den Lehrling anhalten, so lange in der Lehre zu verbleiben, als durch 
gerichtliches Urtheil das Lehrverhältniß nicht für aufgelöst erklärt ist, oder dem 
Lehrlinge durch einstweilige Verfügung eines Gerichts gestattet ist, der Lehre fern 
zu bleiben. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er binnen einer Woche nach 
dem Austritte des Lehrlinges gestellt ist. Im Falle unbegründeter Weigerung 
der Rückkehr hat die Polizeibehörde den Lehrling zwangsweise zurückführen zu 
lassen oder durch Androhung von Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder Haft bis 
zu fünf Tagen zur Rückkehr anzuhalten. 
§. 127e. 
Wird von dem Vater oder Vormunde für den Lehrling oder, sofern der 
letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung 
abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Beruf 
übergehen werde, so gilt das Lehrverhältniß, wenn der Lehrling nicht früher
	        
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