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§. 272.
Auf Grund neu hervorgetretener Umstände kann der Gerichtsherr vor der
Hauptverhandlung zu Gunsten des Angeklagten die Anklageverfügung abändern
oder zurücknehmen. Auf eine solche Entschließung finden die Bestimmungen der
§§. 243 ff. entsprechende Anwendung.
Fünfter Abschnitt.
Hauptverhandlung.
§. 273.
Die Hauptverhandlung (§. 260) erfolgt vor dem vorschriftsmäßig besetzten
Standgericht oder Kriegsgericht in ununterbrochener Gegenwart der zur Urtheils-
findung berufenen Personen sowie des mit der Vertretung der Anklage beauf-
tragten Gerichtsoffiziers oder Kriegsgerichtsraths und eines Gerichtsschreibers.
Die Hauptverhandlung findet in Abwesenheit des Gerichtsherrn statt.
§. 274.
Es können in der Hauptverhandlung mehrere Gerichtsschreiber, mehrere
Vertreter der Anklage, sowie mehrere Vertheidiger mitwirken und sich in die
ihnen obliegenden Verrichtungen theilen.
§. 275.
Wird in der Hauptverhandlung die Aussetzung derselben beantragt, so
entscheidet das Gericht. Kürzere Unterbrechungen ordnet der Vorsitzende an.
Eine Verhinderung des Vertheidigers giebt nur in den Fällen der noth-
wendigen Vertheidigung (vergl. §. 338) dem Angeklagten das Recht, die Aus-
setzung der Verhandlung zu verlangen.
Ist die Frist des §. 266 Absatz 2 und des §. 267 Absatz 2 nicht ein-
gehalten, so soll der Vorsitzende den Angeklagten mit der Befugniß, Aussetzung
der Verhandlung zu verlangen, bekannt machen.
§. 270.
Eine unterbrochene Hauptverhandlung muß spätestens am vierten Tage
nach der Unterbrechung fortgesetzt werden, widrigenfalls mit dem Verfahren von
Neuem zu beginnen ist.
§. 277.
Im Falle der Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung kann
das Gericht die Festnahme des bis dahin auf freiem Fuße befindlichen An-
geklagten anordnen. Dasselbe gilt im Falle der Verurtheilung. Von der An-
ordnung der Festnahme ist der Gerichtsherr in Kenntniß zu setzen. Derselbe
hat zu bestimmen, ob die Festnahme aufrecht zu erhalten ist.