Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1898. (32)

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 §. 393. 
Unbeeidigt sind zu vernehmen: 
1. Personen, welche zur Zeit der Vernehmung das sechzehnte Lebensjahr noch 
nicht vollendet oder wegen mangelnder Verstandesreife oder wegen Verstandes- 
schwäche von dem Wesen und der Bedeutung des Eides keine genügende 
Vorstellung haben; 
2. Personen, welche nach den Bestimmungen der Strafgesetze unfähig sind, 
als Zeugen eidlich vernommen zu werden; 
3. die nach §. 383 Nr. 1—3 und §. 384 Nr. 1, 2 zur Verweigerung des 
Zeugnisses berechtigten Personen, sofern sie von diesem Rechte keinen 
Gebrauch machen, die im §. 384 Nr. 1, 2 bezeichneten Personen jedoch 
nur dann, wenn sie lediglich über solche Thatsachen vorgeschlagen sind, 
auf welche sich das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses bezieht; 
4. Personen, welche bei dem Ausgange des Rechtsstreits unmittelbar be- 
theiligt sind. 
Das Prozeßgericht kann die nachträgliche Beeidigung der unter den beiden 
letzten Nummern bezeichneten Personen anordnen. 
§. 394. 
Jeder Zeuge ist einzeln und in Abwesenheit der später abzuhörenden Zeugen 
zu vernehmen. 
Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können einander gegenüber gestellt 
werden. 
§. 395. 
Die Vernehmung beginnt damit, daß der Zeuge über Vornamen und Zunamen, 
Alter, Religionsbekenntniß, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Er- 
forderlichenfalls sind ihm Fragen über solche Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit 
in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu den 
Parteien vorzulegen. 
§. 396. 
Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstande seiner 
Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhange anzugeben. 
Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage, sowie zur Erforschung 
des Grundes, auf welchem die Wissenschaft des Zeugen beruht, sind nöthigenfalls 
weitere Fragen zu stellen. 
Der Vorsitzende hat jedem Mitgliede des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, 
Fragen zu stellen. 
§. 397. 
Die Parteien sind berechtigt, dem Zeugen diejenigen Fragen „vorlegen zu lassen, 
welche sie zur Aufklärung der Sache oder der Verhältnisse des Zeugen für dienlich 
erachten
	        
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