Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1900. (34)

— 842 — 
Zu 88. 209, 299. 
A. Im Allgemeinen. 
Die Auswahl der Sachverständigen ist, soweit nicht die Militärstrafgerichts- 
ordnung ausdrückliche Vorschriften enthält, in das Ermessen des Gerichtsherrn, 
in dringlichen Fällen des Untersuchungsführers gestellt. 
Bei gerichtlichmedizinischen Fragen dürften indeß aus militärischen Rück- 
sichten nachstehende Gesichtspunkte zu beobachten sein: 
1. Stabs= und Oberstabsärzte erscheinen für solche Fragen in militär- 
gerichtlichen Untersuchungen als die zunächst gegebenen Sachverständigen. 
2. Bedarf es noch eines Obergutachtens, so wird es sich in der Regel 
empfehlen, dessen Erstattung einer Kommission zu übertragen. 
3. Bestehen auch nach diesem Obergutachten noch Zweifel, so kann ein 
Gutachten des rangältesten Sanitätsoffiziers bei dem Oberkommando 
der Schutztruppen erfordert werden. Zur Erstattung dieses Gutachtens 
wird der genannte Sanitätsoffizier eine Kommission, bestehend aus her- 
vorragenden Fachmännern, heranziehen; andererseits werden etwaige 
Anträge der zuständigen militärischen Stelle Berücksichtigung finden. 
Dieses Gutachten wird in der Regel den Abschluß der Begutachtung 
bilden können. 
4. Die technische Kontrole über die bei Leichenöffnungen und Gemüths- 
zustandsuntersuchungen in militärgerichtlichen Untersuchungen abgege- 
benen Gutachten der Militär= oder nicht beamteten Civilärzte liegt dem 
rangältesten Sanitätsoffizier bei dem Oberkommando der Schutz- 
truppen ob. 
B. Bei besonderen Skrafbandlungen. 
Bei Körperverletzungen. 
1. Bei Körperverletzungen, bei denen eine der im F. 224 des Bürgerlichen 
Strafgesetzbuchs vorgesehenen Folgen eingetreten ist oder möglicherweise noch 
eintreten kann, ist die ärztliche Untersuchung von zwei Aerzten, und zwar in 
der Regel von zwei Sanitätsoffizieren, vorzunehmen. Jedenfalls soll einer der 
Aerzte ein Sanitätsoffizier mindestens vom Range eines Stabsarztes oder ein 
Gerichtsarzt sein. In den Schutzgebieten genügt die Zuziehung eines Arztes. 
Wird angeordnet, daß das abzugebende Gutachten schriftlich erstattet werde, 
so ist es von den Sachverständigen gemeinschaftlich, wenn sie aber verschiedener 
Meinung sind, von einem jeden besonders auszustellen. 
Bei leichten Körperverletzungen wird zur Feststellung des Thatbestandes in 
der Regel die Aussage des Verletzten genügen. Hat ein gerichtlicher Augenschein 
stattgefunden, so ist dessen Ergebniß in das Protokoll aufzunehmen. 
2. Ist bei verletzten Frauenspersonen die Besichtigung der Geburtstheile 
nothwendig, so kann sie auch einer beeidigten Hebamme übertragen werden. Sind 
jedoch die Geburtstheile so verletzt, daß eine ärztliche Behandlung nothwendig ist,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.