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Vorläufige Ausführungsbestimmungen
zu
dem Gesetze, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten,
vom 30. Juni 1900 (Reichs-Gesetzbl. S. 306).
Auf Grund der §§. 22, 27, 40 und 42 des Gesetzes, betreffend die Bekämpfung
gemeingefährlicher Krankheiten, vom 30. Juni 1900 wird zur Bekämpfung der
Pest Folgendes bestimmt.
1. Zu I§. 12, 13. Die Polizeibehörden haben ein besonderes Augenmerk
auf solche Personen zu richten, welche sich kürzlich in einem von der
Pest heimgesuchten Orte aufgehalten haben.
Es empfiehlt sich, diese Personen einer nach dem Gutachten des
beamteten Arztes zu bemessenden, aber nicht länger als zehn Tage seit
dem letzten Tage ihrer Anwesenheit am Pestorte dauernden Beobachtung
zu unterstellen, jedoch in schonender Form und so, daß Belästigungen
der Personen thunlichst vermieden werden. Die Beobachtung wird in
der Regel darauf beschränkt werden können, daß durch einen Arzt oder
eine sonst geeignete Person zeitweise Erkundigung über den Gesundheits-
zustand der betreffenden Personen eingezogen wird. Erforderlichen
Falles sollen zur Erleichterung dieser Maßnahme die höheren Ver-
waltungsbehörden für den Umfang ihres Bezirkes oder für Theile des-
selben anordnen, daß zureisende Personen, welche sich innerhalb
zehn Tagen vor ihrer Ankunft in einem von der Pest betroffenen Orte
oder Bezirk aufgehalten haben, nach ihrer Ankunft der Ortspolizei-
behörde binnen einer zu bestimmenden möglichst kurzen Frist schriftlich
oder mündlich zu melden sind.
Eine verschärfte Art der Beobachtung, verbunden mit Be-
schränkungen in der Wahl des Aufenthalts oder der Arbeitsstätte
G. B. Anweisung eines bestimmten Aufenthalts, Verpflichtung zum
zeitweisen persönlichen Erscheinen vor der Gesundheitsbehörde, Unter-
sagung des Verkehrs an bestimmten Orten) ist solchen Personen gegen-
über zulässig, welche obdachlos oder ohne festen Wohnsitz sind oder
berufs= oder gewohnheitsmäßig umherziehen, z. B. fremdländische Aus-
wanderer und Arbeiter, Zigeuner, Landstreicher, Hausirer.