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e. Formaldehyd.
Der Formaldehyd ist ein stark riechendes, auf die Schleimhäute der Luftwege,
der Nase, der Augen reizend wirkendes Gas, das aus Formalin, einer im Handel
vorkommenden, etwa 35 prozentigen wässerigen Lösung des Formaldehyds (Formal-
dehydum solutum des Arzneibuchs) durch Kochen oder Zerstäubung mit Wasser-
dampf oder Erhitzen sich entwickeln läßt. Das Formalin ist bis zur Benutzung
gut verschlossen und vor Licht geschützt aufzubewahren.
Der Formaldehyd in Gasform ist für die Desinfektion geschlossener
oder allseitig gut abschließbarer Räume verwendbar und eignet sich zur Vernich=
tung von Krankheitskeimen, die an frei liegenden Flächen oberflächlich oder doch
nur in geringer Tiefe haften. Zum Zustandekommen der desinfizirenden Wir-
kung sind erforderlich:
vorgängiger allseitig dichter Abschluß des zu desinfizirenden Raumes durch
Verklebung, Verkittung aller Undichtigkeiten der Fenster und Thüren,
der Ventilationsöffnungen und dergleichen,
Entwickelung von Formaldehyd in einem Mengenverhältnisse von wenigstens
5 Gramm auf je 1 Kubikmeter Luftraum,
gleichzeitige Entwickelung von Wasserdampf bis zu einer vollständigen
Sättigung der Luft des zu desinfizirenden Raumes (auf 100 Kubik-
meter Raum sind 3 Liter Wasser zu verdampfen),
wenigstens sieben Stunden andauerndes ununterbrochenes Verschlossen-
bleiben des mit Formaldehyd und Wasserdampf erfüllten Raumes;
diese Zeit kann bei Entwickelung doppelt großer Mengen von Formal-
dehyd auf die Hälfte abgekürzt werden.
Formaldehyd kann in Verbindung mit Wasserdampf von außen her durch
Schlüssellöcher, durch kleine in die Thür gebohrte Oeffnungen und dergleichen in
den zu desinfizirenden Raum geleitet werden. Werden Thüren und Fenster ge-
schlossen vorgefunden und sind keine anderen Oeffnungen (z. B. für Ventilation,
offene Ofenthüren) vorhanden, so empfiehlt es sich, die Desinfektion mittelst
Formaldehyds auszuführen, ohne vorher das Zimmer zu betreten, beziehungs-
weise ohne die vorherigen Abdichtungen vorzunehmen; für diesen Fall ist die Ent-
wickelung wenigstens viermal größerer Mengen Formaldehyds, als sie für die
Desinfektion nach geschehener Abdichtung angegeben sind, erforderlich.
Die Desinfektion mittelst Formaldehyds darf nur nach bewährten Methoden
ausgelibt und nur geübten Desinfektoren anvertraut werden, die für jeden ein-
zelnen Fall mit genauer Anweisung zu versehen sind. Nach Beendigung der
Desinfektion empfiehlt es sich, zur Beseitigung des den Räumen noch anhaftenden
Formaldehydgeruchs Ammoniakgas einzuleiten.
f. Dampfapparate.
Als geeignet können nur solche Apparate und Einrichtungen angesehen
werden, welche von Sachverständigen geprüft sind.