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2. Durch die Übertragung des Eigentums und die Aufforderung zum Ver-
kaufe darf höchstens über zwanzig vom Hundert der gesamten Kartoffel-
ernte eines Kartoffelerzeugers verfügt werden.
Auf die Mengen, die hiernach in Anspruch genommen werden können,
sind die Mengen anzurechnen, die der Landwirt bereits nachweislich nach dem
10. Oktober 1915 als Speisekartoffeln verkauft hat. Der Anordnung, durch die
enteignet wird, hat eine Aufforderung an den Besitzer vorauszugehen, die zu ent-
eignende Menge innerhalb einer bestimmten Frist auszusondern. Kommt er dieser
Aufforderung nicht nach, so kann die zuständige Behörde die Aussonderung auf
seine Kosten vornehmen. Das gleiche gilt von der Anlieferung der enteigneten
Kartoffeln von der Niederlassung des Landwirts bis zum nächsten Güterbahnhofe.
§ 8
Die Landeszentralbehörden erlassen die Bestimmungen zur Ausführung dieser
Verordnung. Sie können anordnen, daß die Festsetzungen nach § 4 anstatt durch
die Gemeinden und Kommunalverbände durch deren Vorstand erfolgen. Sie be-
stimmen, wer als Kommunalverband, als Gemeinde oder als Vorstand im Sinne
dieser Verordnung anzusehen ist.
§ 9
Als Kleinhandel im Sinne dieser Verordnung gilt der Verkauf an den
Verbraucher, soweit er nicht Mengen von mehr als fünfhundert Kilogramm zum
Gegenstande hat.
§ 10
Der Reichskanzler kann Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verord-
nung zulassen.
Er ist befugt, über ausländische Kartoffeln besondere Vorschriften zu erlassen.
§ 11
Wer den nach § 10 Abs. 2 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird
mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert
Mark bestraft.
§ 12
Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Der
Reichskanzler bestimmt den Zeitpunkt des Außerkrafttretens.
Berlin, den 28. Oktober 1915.
Der Stellvertreter des Reichskanzlers
Delbrück
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