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Die Landeszentralbehörden sind ermächtigt, die Saatgutmengen bei dringendem
wirtschaftlichen Bedürfnis für einzelne Betriebe oder ganze Bezirke bis zu einer
von der Reichsgetreidestelle zu bestimmenden Grenze zu erhöhen.
Als Selbstversorger gelten, vorbehaltlich einer anderen Bestimmung nach
§ 63, der Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebs, die Angehörigen seiner
Wirtschaft einschließlich des Gesindes sowie Naturalberechtigte, soweit sie als Lohn
oder als Leibgedinge (Altenteil, Auszug, Ausgedinge, Leibzucht) Früchte der in
Frage kommenden Art oder daraus hergestellte Erzeugnisse zu beanspruchen haben.
§ 9
Der Reichskanzler erläßt die Bestimmungen über den Verkehr mit Saat-
gut. Das nach Maßgabe dieser Bestimmungen erworbene Saatgut darf bis zu
den im § 8 Abs. 1 Nr. 3 für selbstgebautes Saatgut festgesetzten Mengen zur
Bestellung verbraucht werden.
§ 10
Trotz der Beschlagnahme dürfen Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe,
vorbehaltlich näherer Bestimmungen nach § 63 Abs. 2, aus ihrem selbstgebauten
grünen Dinkel und Spelz Grünkern herstellen. Die Beschlagnahme erstreckt sich
auf den Grünkern. Hiervon dürfen sie zur Ernährung der Selbstversorger auf
den Kopf insgesamt bis zu drei Kilogramm verbrauchen.
Die Unternehmer haben die hergestellten Mengen unverzüglich, spätestens
bis zum 15. August 1918, dem Kommnnalverband anzuzeigen. In der Anzeige
sind die Anzahl der Selbstversorger und die für diese nach Abs. 1 Satz 3
beanspruchten Mengen anzugeben.
§ 11
Trotz der Beschlagnahme dürfen Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe
selbstgebautes Gemenge (Mischfrucht, Mengkorn), mit Ausnahme von Mischungen,
die nur aus Brotgetreide bestehen, sowie selbstgebauten Mais und selbstgebaute
Lupinen vor der Reife als Grünfutter im eigenen Betriebe verbrauchen.
§ 12
Die Beschlagnahme endet mit dem freihändigen Eigentumserwerbe durch
die Reichsgetreidestelle oder den Kommunalverband, für den die Vorräte beschlag-
nahmt sind, mit der Enteignung oder mit der Verfallerklärung § 72).
Wer im Auftrag der Reichsgetreidestelle, eines Kommunalverbandes oder
einer Gemeinde Früchte oder daraus hergestellte Erzeugnisse zu erwerben, auf-
zubewahren, zu bearbeiten, zu befördern oder zu verteilen hat, darf nur solche
Rechtsgeschäfte über die Vorräte abschließen und nur solche Verfügungen über
sie treffen, die von seinem Auftraggeber zugelassen sind. Dies gilt auch, soweit
der Beauftragte Eigentümer der Vorräte ist.