auch diese Göttin die Schaumgeborene, d. h. die über das
Meer gekommene hieß. Sie wurde als Aphrodite Urania,
d. h. die Himmlische (ideale, reine Liebe) und Aphrodite
Pandemos, d. h. die allgemeine (niedrige, sinnliche Liebe)
unterschieden, und ihr Dienst war wesentlich ein Kultus der
Prostitution, dessen thatsächliche Priesterinnen die Hetären,
dessen Publikum alle unzüchtigen Leute beider Geschlechter
waren. Wie andere Opfergaben, weihte man der Aphrodite
junge Mädchen, indem man sie unter die in ihrem Tempel
dienenden Hetären einreihte, und selbst ein Pindar besang
diese Art von Frömmigkeit in begeisterten Versen. Namen
berühmter Hetären wurden sogar zu Beinamen ihrer Göttin,
deren Kultus übrigens in Adonis das ergänzende männliche
Element erhielt. Umfassender als die religiöse war aber in
Griechenland die weltliche Prostitution. Der große Gesetz-
geber Athens, Solon, war der Verfasser des ältesten
bekannten Prostitutionsreglements und wurde dafür vom
Dichter Philemon als „Wohlthäter des Menschengeschlechtes"
gepriesen. Freilich waren die Hetären und ihre Kinder in
Athen bürgerlich rechtlos; aber in Folge ihrer Anerkennung
durch das Gesetz sollen ehrbare Frauen gegen alle unzüchtigen
Angriffe geschützt gewesen sein, — eine Überlieferung, welche
bis auf den heutigen Tag das Lieblingsargument aller Ver-
teidiger der reglementarischen Prostitution bildet. Freie
Personen, die sich der Prostitution, deren gewöhnliche
Dienerinnen Sklavinnen waren, ergaben, wurden in älterer
Zeit mit dem Tode, in späterer mit einer Geldbuße bestraft.
Daher mußten die Hetären besondere vorgeschriebene Kleidung
tragen, deren Kennzeichen bunte grelle Farben und sehr oft
gemalte Blumen bildeten, wie die Verlorenen auch auf dem
Kopfe Kränze von wirklichen Blumen trugen; diesem Zwange
gesellte sich die Gewohnheit bei, das Haar blond zu färben
oder blonde Perücken zu tragen. Thatsächlich freilich ruhte
aller Zwang und alle Zurücksetzung nur auf den gemeinen