Beziehung untrüglich erhoben vorliegt, kühn ausgesprochen
werden: die gesamte Prostitution ist ursprünglich Verführung
des Weibes durch den Mann. Kein Weib wird schamlos
und prostituiert sich, ohne ursprünglich, mittelbar oder unmittel—
bar, durch männliche Einwirkung verführt und verdorben
oder gar durch List oder Gewalt zu dieser grauenvollen
Laufbahn gebracht zu sein. Diese Thatsache ist es in weit
höherem Grade, als die Prostitution an sich, welche wir den
dunkelsten Fleck in unserer Kultur nennen möchten. —
Die Verführung der weiblichen Jugend im Großen,
die massenhafte Verführung, mit einem Worte der Mädchen—
handel ist es, welcher die Prostitution zu der Pestbeule
macht, die sie ist. Beständen die ihr dienenden Heere aus
Freiwilligen, wie Jene behaupten, die an ihrer Ausbreitung
und Machtausübung ein Interesse haben, so wäre sie im
Vergleiche zu ihren wirklichen heutigen Zuständen verhältnis-
mäßig harmlos und weniger schlimm oder kaum so schlimm
als die Trunk-, Spiel= und Raufsucht.
Eine in höchst rohem Tone gehaltene Flugschrift „Juden-
bordelle“ von Alexander Berg sucht den Mädchenhandel,
dieses entsetzlichste aller Verbrechen, ausschließlich den Juden
zur Last zu legen?) und beweist damit, daß dem Verfasser
weniger an Unterdrückung dieses Verbrechens, als am Anti-
semitismus liegt und daß er nur für diesen Kapital schlagen
will. Ein solches, der guten Sache nur schadendes Verfahren
liegt uns fern. Mögen die an diesem Greuel Schuldigen
dieser oder jener Religion oder Nationalität angehören, —
gleichviel; es ist Pflicht des Staates, gegen sie mit der strengsten
Untersuchung und mit den schärfsten Strafen vorzugehen.
Gelänge dies, so wäre die Wurzel aller Übel, die mit der
Prostitution verbunden sind, abgeschnitten, und, diese selbst
*) Es giebt zwar Juden unter den Mädchenhändlern, aber auch
genug Christen verschiedener Nationalitäten und Konfessionen, wie sich
weiter unten ergeben wird.