Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Zweiter Band. (2)

446 Die Staatsbehörden. (§S. 81.) 
nach Maßgabe der vollzogenen Etats geführte Verwaltung keine Rechnungsmonita auf- 
zustellen, wohl aber von den etwa bemerkten Abweichungen von den Vorschriften und von 
den Befehlen des Königs Anzeige zu machen haben sollte, zu welchem Zwecke ihr daher, 
bald nach der Vollziehung, Abschriften der Etats, mit den erforderlichen Erläuterungen 
über die abgeänderten Etatssätze versehen, mitzuteilen seien. Während alle bis dahin in 
der Gesetzsammlung verkündeten Verordnungen und Erlasse, welche die Oberrechnungs- 
kammer erwähnen, den Zweck, die Einrichtung und die Tätigkeit dieser Behörde zum Teil 
als bekannt voraussetzen, zum Teil nur kurz andeuten, ist eine umfassende Dienstpragmatik 
derselben in der durch die Gesetzsammlung nicht veröffentlichten königlichen Instruktion 
v. 18. Dez. 18241 enthalten. Nach dieser Instruktion ist der Zweck der Oberrechnungs- 
kammer, welche in Potsdam ihren Sitz hat und die höchste kontrollierende Behörde der 
Verwaltungen bildet, folgender: a) durch Revision der Rechnungen sich zu überzeugen, daß 
die allgemeinen Grundsätze des vom Könige genehmigten Staatsverwaltungssystems fest- 
gehalten, im Geiste desselben wirklich administriert, die einzelnen Verwaltungen nach den 
bestehenden Gesetzen, Verordnungen, Instruktionen und Etats gewissenhaft geführt, Ein- 
nahmen und Ausgaben gehörig nachgewiesen und die den Verwaltungen bewilligten Summen 
bestimmungsmäßig verwendet worden sind, und b) nach den aus den Rechnungen sich 
ergebenden Resultaten der Verwaltung zu beurteilen, ob und wo zur Beförderung des 
Staatszwecks Abänderungen nötig oder doch rätlich sind. Die Bestimmungen der In- 
struktion v. 18. Jan. 1824 wurden indes infolge des Erlasses der Verfassungsurkunde 
v. 31. Jan. 1850 nicht mehr für ausreichend erachtet, und daher hatte auch der Art. 104 
der Verfassungsurkunde (Abs. 3) verheißen, daß ein besonderes Gesetz über die Einrich- 
tung und die Befugnisse der Oberrechnungskammer bestimmen sollte. Dieses Gesetz ist 
unterm 27. März 1872 ergangen.? 
II. Das Gesetz v. 27. März 1872, betreffend dir Einrichtung und die Befugnisse 
der Oberrechnungskammer?, erklärt §. 1) die Oberrechnungskammer für eine dem Könige 
unmittelbar untergeordnete, den Ministern gegenüber selbständige 
Behörde, welche die Kontrolle des gesamten Staatshaushaltes durch 
Prüfung und Feststellung der Rechnungen über Einnahmen und Aus- 
  
1 Abgedruckt in v. Kamptz, Annalen, Bd. IX, 
S. 2 ff. und in Bergius, Ergänzung zur Ge- 
setzsammlung, S. 99 ff. (im Auszuge). In gleicher 
nicht durch die Oberrechnungskammer, sondern 
durch besonders eingesetzte Kommissionen erfolgen 
solle. Nach §. 5 der Verordnung sollte für die 
Weise ist diese Instruktion in den Amtsblättern 
der Negierungen zu Königsberg, Danzig, Frank- 
furt, Breslau und Magdeburg publiziert wor- 
den. Vollständig abgedruckt ist sie auch in den 
Stenogr. Ber. des Abg. H. 1871 — 72, Anl. 
Bd. II, Aktenst. Nr. 148, Anl. A, S. 868 ff. 
Obgleich die Publikation durch die Gesetzsamm- 
lung nicht erfolgt ist, haben doch die Ministerien 
des Innern und der Finanzen in dem Reskr. v. 
25. Febr. 1825 (v. Kampt, Annalen, Bd. IX, 
S. 1) angenommen, daß die Instruktion auch 
ohne eine solche Publikation für die Behörden 
verbindend sei. — Uber die frühere Organisation 
der Oberrechnungskammer vgl. das Zirk. Reskr. 
der Ministerien der Finanzen und des Innern 
v. 22. Febr. 1817, welches auf die Kab. O. 
v. 13. März 1816 gegründet ist (v. Kamptz, 
Annalen, Bd. I, H. 1, S. 37°. 
: §. 1 der Instruktion v. 18. Dez. 1824. 
s Über die Entstehungsgeschichte desselben vgl. 
Druckf. d. Abg. H. 1871/7/2 Nr. 148. Die im Jahre 
1866 mit der Monarchie vereinigten Landesteile 
betreffend, hatte die Verordn. v. 31. Aug. 1867 
(G. S., S. 1442) angeordunet, daß die Prüfung und 
Dechargierung der Rechnungen über die Staats- 
verwaltung bis zum Schlusse des Jahres 1866 
  
Hauptrechnungen und die Rechnungen über die 
Verwaltung der Staatsschulden der gedachten 
Landesteile die Entlastung auf Grund der von 
den Kommissionen zu bewirkenden Vorprüfungen 
durch den Finanzminister erteilt werden. Das 
G. v. 4. Jan. 1868 (G. S. 1868, S. 5) hatte (8.2) 
auch die Prüfung und Dechargierung der Rech- 
nungen über den Staatshaushaltsetat in den neu- 
erworbenen Landesteilen für das Jahr 1867 den 
durch die Verordnung v. 31. Aug. 1867 eingesetzten 
„ Rechnungskommissionen“ übertragen. Vom 
1. Jan. 1868 ab erstreckte sich dagegen die Tätig- 
keit der Oberrechnungskammer im vollen Um- 
fange auch auf die neuerworbenen Landesteile. 
Bezüglich des durch das G. v. 23. Juni 1876 
(G. S. 1876, S. 169 ff.) mit der Monarchie ver- 
einigten Herzogtums Lauenburg (jetzt Kreis Herzog- 
tum Lauenburg) hat der S§. 4 des zitierten Ge- 
setzes bestimmt, daß die Prüfung und Dechar- 
gierung der Rechnungen über die Staatsverwaltung 
des Herzogtums durch die Oberrechnungskammer 
erfolgt, und zwar in bezug auf die Rechnungen 
bis zum 1. Juli 1876 nach den bisher geltenden 
Grundsätzen, in bezug auf die späteren Rech- 
nungen nach Maßgabe des G. v. 27. März 1872. 
* G. S. 1872, S. 278 ff. und über die Mate- 
rialien dieses Gesetzes vorige Note.
	        
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