150 Die Gesetzgebung. (8. 118.)
Etat zu übertragen (§. 42); analog ist mit den „Ausgaberesten“, die bis zum Jahres-
schluß verbleiben, zu verfahren, falls sie nicht überhaupt als „erspart“ verrechnet werden
können (§. 43); nur solche Fonds, bei denen dies durch Spezialetat bestimmt ist, sowie
alle Baufonds können in ihren Restbeträgen ohne weiteres in das nächste Etatsjahr über-
tragen werden, dies muß aber im neuen Etat ausdrücklich vermerkt werden (88. 44, 45).1
d) Die Provinzial= und die ihnen gleichstehenden untergebenen Behörden sind der
Oberrechnungskammer in allen Angelegenheiten ihres Ressorts untergeordnet. Die Ober-
rechnungskammer ist befugt, ihren Verfügungen nötigenfalls durch Strafbefehle innerhalb
der für die obersten Verwaltungsbehörden gesetzlich bestimmten Grenzen die schuldige Folge
zu sichern, auch etwa vorkommende Unangemessenheiten in Erledigung ihrer Erlasse zu
rügen (§. 16).
e) Die Oberrechnungskammer erteilt den rechnungsführenden Beamten, wenn sie
ihren Verbindlichkeiten vollständig genügt und die aufgestellten Erinnerungen erledigt haben,
Entlastung. Stellen sich Vertretungen des Rechnungsführers oder anderer Beamten bei
der Rechnungsrevision heraus, deren Deckung durch die Notatenbeantwortung nicht nach-
gewiesen wird, so hat die Oberrechnungskammer die weitere Verfolgung, welche von der
vorgesetzten Behörde zu betreiben ist, nötigenfalls durch Eintragung in das Soll der
Einnahmen anzuordnen (§. 17).
4. Die Bestimmung in Abs. 2 des Art. 104 der Verfassungsurkunde, daß der all-
gemeinen Rechnung über den Staatshaushaltsetat jedes Jahres die Bemerkungen der
Oberrechnungskammer beizufügen seien, war in dem von der Staatsregierung der
Nationalversammlung vorgelegten Verfassungsentwurfe nicht enthalten.? Auch der Entwurf
der Verfassungskommission der Nationalversammlung enthält diese Bestimmung nicht s;
in den Motiven wird indes bemerkt, „daß es sich von selbst verstehe, daß auch die
speziellen Unterlagen der allgemeinen Rechnung den Kammern auf Erfordern zugänglich
sein müßten, insofern deren Einsicht bei Prüfung der allgemeinen Rechnung notwendig
erscheine“. Der Art. 101 des Entwurfes der Verfassungskommission der Nationalver-
sammlung hatte jedoch bestimmt, daß die Oberrechnungskammer die von ihr ge-
prüfte und festgestellte allgemeine Rechnung den Kammern vorzulegen habe, und diese
Fassung hatte die oktroyierte Verfassungsurkunde v. 5. Dez. 1848 (in Art. 103) bei-
behalten. Erst bei der Revision dieser Verfassung entstanden in dem Zentralausschusse
der Ersten Kammer Bedenken darüber, ob es dem konstitutionellen Wesen entspreche, daß
die Oberrechnungskammer selbst die allgemeine Rechnung den Kammern vorlege, und.
man fand, daß auch in diesem Falle das Staatsministerium die Vermittlung zwischen
der Behörde und den Kammern zu bilden habe. Um dies auszudrücken, wurde vorge-
schlagen, die Worte „mit den Bemerkungen der Oberrechnungskammer“ in den (jetzigen)
Art. 104 einzuschalten, womit sich dann beide Kammern einverstanden erklärt haben.
Hieraus erhellt, daß sowohl die Staatsregierung als auch die Verfassungskommission der
Nationalversammlung sich eine unmittelbare Verhandlung zwischen der Landesvertretung
und der Oberrechnungskammer gedacht hatten, wobei es als selbstverständlich angesehen
werden mußte, daß die erstere von der letzteren, „insofern es bei der Prüfung der all-
gemeinen Rechnung notwendig erscheine, auch die speziellen Unterlagen der allgemeinen
Rechnung“, d. h. die Vorlage der einzelnen Rechnungen und der dazu gezogenen Notate,
Monita usw., solle verlangen können. Als die Kammern bei der Revision auf diesen
unmittelbaren Verkehr verzichteten, wollten sie jedoch keineswegs auf das Recht verzichten,
die Prüfung der „Unterlagen“ eintreten zu lassen, und deshalb wurde in Art. 104 fest-
gestellt, daß die „Bemerkungen der Oberrechnungskammer“ mit vorgelegt werden müßten.
Dem hierdurch festgestellten Rechte der Landesvertretung steht selbstverständlich eine be-
1 S. Laband, Staatsrecht", Bd. IV, S. 503 ff., 3 Vgl. Art. 101 des Entw. in v. Rönne,
über die „Restverwaltung“. Verf. Urk., S. 195.
4 Vgl. Drucks. der Nat. Vers., Nr. 9, und
2 Vgl. §. 75 des Verfassungsentwurfs vom v. Rönne, Verf. Urk., S. 187, Anm. 1.
20. Mai 1848 (Stenogr. Ber. der Nat. Vers., 5 Vgl. Stenogr. Ber. der 1. K. 1849—50,
Bd. I, S. 4). S. 1177, und v. Rönne, Verf. Urk., S. 195.