Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

1 — 122 — 
Männer an die Spitze der Regierung stellte und von ihnen eine Verfassung bearbeiten 
1#“ ließ. Diese trat am 4. September 1831 in Krast. Durch sie hat nun auch das Volk 
Anteil an der Regierung. Es wählt Abgeordnete, die die 2. Kammer der Stände- 
versammlung oder des Landtags bilden. Die 1. Kammer besteht aus den königlichen 
Prinzen, den Besitzern der größten Herrschaften, den Bürgermeistern der größten 
Städte und andern Mitgliedern, die zum Teil der König ernennt. Beide Kammern 
haben gleiche Rechte. Ohne ihre Zustimmung darf kein Gesetz erlassen werden. 
Jedem Staatsangehörigen wurde Freiheit seiner Person, der Berufswahl, des 
Glaubens und gleiches Recht mit andern ohne Ansehens seines Standes zugesichert. 
An die Spitze der Verwaltung berief der König die Minister (des Innern, der Justiz, 
der Finanzen, des Kultus, des Kriegs, der auswärtigen Angelegenheiten). 
3. Fortschritte auf allen Gebieten. Von großer Wichtigkeit war der Beitritt 
Sachsens zu dem 1833 gegründeten Deutschen Zollverein. Bis dahin war 
die Einfuhr der Waren aus einem Bundesstaat in den andern nur gegen Zoll ge- 
stattet. Das war ungemein lästig und hemmte den Handel sehr. In der Neujahrs- 
nacht 1834 fielen nun alle Zollschranken in Mitteldeutschland, und jetzt blühte der 
Handel bald kräftig empor. Die Erzeugnisse der sächsischen Web= und Maschinen- 
industrie fanden ein weiteres Absatzgebiet. Der Kohlenbergbau erfuhr durch Ein- 
führung der Dampfmaschine eine mächtige Förderung. Unter König Friedrich 
August II. (1836—1854) wurde auf der Elbe die Dampfschiffahrt eingeführt und 
zwischen Leipzig und Dresden die erste große Eisenbahnlinie des Festlandes gebaut. 
Ein neues Schulgesetz, das die allgemeine 8jährige Schulpflicht einführte, wirkte 
günstig auf die Bildung des Volkes ein. Bedeutende Männer, wie der Maler Ludwig 
Richter, der Bildhauer Ernst Rietschel, der Baumeister Gottfried Semper, der Kom- 
ponist Richard Wagner, führten eine neue Blüte der Kunst herauf. Der König 
war ein lebhafter Förderer aller auf den Fortschritt gerichteter Bestrebungen. Als 
er 1854 auf einer Reise in Tirol durch einen Sturz aus dem Wagen plötzlich tödlich 
verunglückte, folgte ihm in der Regierung sein ihm gleichgesinnter Bruder Johann 
(1854—1873). E zeichnete sich aus durch mildes, menschenfreundliches Wesen und 
durch tiefe Gelehrsamkeit, insbesonders auf dem Gebiete der Rechtswisseuschaft. 
Berühmt ist seine meisterhafte Übersetzung der „Göttlichen Komödie“, einer ge- 
waltigen Dichtung des italienischen Dichters Dante. 
XlIII. Sründung des neuen Deutschen Keiches. 
1. Die deutsche Revolution 1848 und 1849. 
1. Verfassungsfrage. In fast allen Ländern regierten damals die Fürsten 
nach ihrem eigenen Willen. Sie gaben Gesetze und legten Steuern auf, ohne die 
Meinung des Volkes zu hören. (Unbeschränkte Monarchie.) Nachdem aber das 
Volk in den Freiheitskriegen sein Blut für das Vaterland vergossen hatte, erhoffte 
es für sich auch eine größere Freiheit. Vor allem wünschte es, durch selbstgewählte 
Vertreter bei Beratung der Gesetze sowie Feststellung der Steuern seinen Willen 
zum Ausdruck zu bringen. (Beschränkte Monarchie.) Sachsen hatte bereits 1831 
eine Verfassung erhalten. In Preußen hatte Friedrich Wilhelm III. dem Volke 
die gewünschte Verfassung in Aussicht gestellt, aber nicht gegeben. Auch sein Sohn 
Friedrich Wilhelm IV. wollte anfangs von einer solchen nichts wissen, da er fürchtete,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.