Bajoarien unter dem Agilolfinger Theodo I. 11
Martertod. Des Herzogs Tochter Uta, die sich mit Sigibald,
dem Sohne des herzoglichen Gaurichters, schwer vergangen hatte,
bezeichnete in der Angst ihres Herzens den frommen Bischof, der
eben eine Reise nach Rom angetreten hatte, als den Urheber
ihrer Schmach, und diese Nachricht versetzte ihren Bruder Land-
pert in solche Wuth, daß er dem hl. Emmeram mit bewaffnetem
Gefolge nachjagte und denselben in einer Kapelle bei Helfen-
dorf (sieben Stunden von München an der Landstraße von
München nach Aibling) entsetzlich verstümmelte. Der Heilige
erlag seinen Wunden noch am selben Tage (22. September 652)
zwischen dem zweiten und dritten Meilensteine auf der Straße
von Helfendorf nach (dem zwölf römische Meilen entfernten)
Aschheim 7), wo seine irdische Hülle in der Kirche zum heiligen
Petrus beigesetzt wurde. Als darauf Uta ihre falsche Beschul-
digung eingestand und so die Unschuld des hl. Emmeram an
den Tag kam, mußte Landpert flüchten, Uta aber ward in
ein Kloster Italiens verwiesen, wo sie starb. Zur Sühne des
Vergehens ließ Herzog Theodo die Leiche des Martyrers von
Aschheim nach Reginisburg bringen und in dem Kirchlein
zum hl. Georg beisetzen, allwo später dem Heiligen zu Ehren
eine Kirche und ein Kloster erbaut wurde — das nachmalige
Reichsstift St. Emmeram.
Was unter Herzog Theodo I nach dieser Zeit noch weiter
in Bajoarien geschehen, wie lange derselbe regiert und wer
nach ihm bis zum Jahre 680 die Regierung Bajoariens geführt
habe, darüber herrscht bei den Geschichtschreibern, auch bei den
fränkischen und longobardischen, das tiefste Stillschweigen, nur
dieß Eine steht fest, daß dem Herzoge Theodo I keiner seiner
beiden Söhne in der Regierung gefolgt ist.
Für diese Zeit historischen Dunkels mag die Vermuthung als
Führerin dienen, daß nach dem Tode des Herzogs Theodo I der
Agilolfinger Hugobert, ein Sprößling der älteren von Gari-
bald I1 herstammenden Linie, der Schwiegervater Pippins von
Heristal und Vater Theodo's II, bis 680 mit der Herzogs-
würde in Bajoarien bekleidet gewesen sei.
*) Ein Pfarrdorf zwischen München und Erding.