Innere Zustände Bajoariens unter d. Agilolfingern. 21
Wahl vor oder empfahlen den, der ihnen gefiel, der Gemeinde
zur Wahl. Die Bischöfe führten die Aufsicht über ihre ganze
Diözese, besonders über den ganzen Klerus, und pflegten jähr-
lich der Visitation halber ihre Sprengel zu bereisen. Sie hatten
die geistliche Gerichtsbarkeit und die Oberaufsicht und Verwal-
tung der Kirchengüter, deßgleichen die Sorge für die Schulen.
Ihre Person war besonders geheiligt: wer einen Bischof tödtete,
hatte nach ripuarischem Rechte 900 Solidi, nach bayerischem so
viel Geld zu erlegen, als die Tunika wog, die nach dem Körper
desselben von Blei gemacht ward. Jede Diözese, ihrem Ursprunge
nach nichts weiter als eine einzelne Gemeinde, wurde, wenn bei
Verbreitung des Christenthums neue Gemeinden hinzukamen, in
kleinere Distrikte, Parochieen getheilt, und diese unter die Aufsicht
einzelner Presbyter gestellt, deren Obliegenheit die Unterweisung
des Volkes, Gebet und die Spendung der hl. Sakramente aus-
machte. Außer den ihnen anvertrauten Kirchen gab es auch noch
viele kleinere oder Hauskapellen einzelner reicher Laien, welche das
Volk gegen eine kleine Gabe an dem Gottesdienste in denselben
theilnehmen ließen und diese Kapellen oft mit oder ohne Vor-
behalt des Patronatsrechtes oder gegen eine Entschädigung an
die Diözesankirche schenkten. Die Kleriker, durch den Empfang
der niederen und höheren Weihen nach verschiedenen Graden ab-
getheilt, wonach sich auch die Größe des Wergeldes richtete, hatten
bei Streitigkeiten unter einander die Entscheidung nur bei ihrem
Bischofe zu suchen, der diese entweder selbst gab oder durch
seinen Stellvertreter, den Archidiakon ertheilen ließ. Die Ein-
künfte der Kirche bestanden 1) in Erträgnissen der Grundstücke
derselben, 2) in freiwilligen Gaben, welche besonders an Klöster
sehr reichlich floßen, 3) in Zehnten und 4) in Bußen für Frevel
an den Dienern und dem Gute der Kirche. Sie wurden, außer
zur Unterstützung der Armen und Kranken, nach drei gleichen
Theilen zum Lebensunterhalt des Bischofs und der Geistlichkeit
und zur Unterhaltung der Kirchen verwendet. Die Besitzungen
an Ländereien, welche die einzelnen Dißzesen durch die Freigebig-
keit des Königs, des Herzogs und der Großen erwarben, hatten
für die Vorsteher derselben bald die Folge, daß sie nun auch dem
Könige und dem Herzoge den Huldigungseid leisten mußten und