— 168 —
2. Etwas weiter abwärts fließt an dem untern Ende des Strom-
bogens, den die Elbe innerhalb Dresdens nach Westen hin schlägt,
die Weißeritz in das Haupttal ein. Wir haben früher ihre beiden
Quellflüsse bei Tharandt und Rabenau verlassen und nehmen sie nun
von Hainsberg an wieder auf, wo sich der rote und wilde Arm
vereinen. Von hier an windet sich der Fluß durch ein Tal, das
sich allmählich erweitert und bei Plauen in den ebenen Fruchtkessel
Dresdens ausläuft. Bald treten in diesem „Plauenschen Grunde“
die Talwände mit ihrem rötlichen Gesteine schroff an den Fluß
heran, bald ziehen sie sich als kuppige Gipfel bescheiden in den Hinter-
grund zurück, um eine weite Talsohle für den Aufban der Dörfer
offen zu lassen. Hier deckt der Laubwald mit seiner dichten Blätter-
hülle die steilen Wände, dort beschattet ein Obsthain die sanfteren
Gehänge. Selbst der Weinstock drängt sich schon an die sonnigen
Lehnen heran. Einzelne Häuser und Wirtschaftsgüter treten mit
ihren Ziegeldächern aus den Feldern und Gärten hervor. Burg-
ähnliche Baue (Begerburg) schließen malerisch den Talrand ab, und
eine alte Schanze (Sorbenschanze bei Coschütz) weckt in uns die Er-
innerung an alte Kämpfe der VBölker, die einst durch diese Talschlucht
zogen. Lange vor den Völkerzügen aber wogte das Wasser durch
den Plauenschen Grund. Seine Flut begrub auch hier die alten
Urwaldbestände, die nun, als Kohle geschichtet, besonders in den seit-
lichen Talbuchten ruhen. In großer Mächtigkeit treten die dunklen
Bodenschätze namentlich am Windberge bei Burgk (Potschappel
gegenüber) auf und werden hier in tiefen Schächten erschlossen. So
treffen wir in der Nähe der reichen und glänzenden Residenz den
armen Bergmann wieder, wenn er in dunkler Kleidung nach den
Gruben wandert. Ketten von kleineren („Hunde") und Züge von
größeren Kohlenwagen führen den schwarzen Brennstein zu den
Fabriken heran, die in großer Zahl das Tal erfüllen. Hier wird
der Lehm des Tales zu Ziegelsteinen geformt, dort werden aus der
feinen Tonerde die Einsatzstücke unserer Zimmeröfen gebrannt. Hier
schmelzen Glasöfen die kieselsauren Salze zu einer glasigen Masse,
dort werden Eisen und Stahl in feste Formen gegossen. Hier dampft
das Bier in großen kupfernen Kesseln, dort wird das Garn in die
rote Farbe der Kübel getaucht und da das Korn zu feinem Mehle
gemahlen. Arbeiter eilen in Scharen aus den Betrieben der Heimstätte
zu, ein Dampfschlot sucht den andern an Höhe zu übertreffen, Ort
schließt sich an Ort: wir stehen in dem dichtbevölkertsten Fabrik-
tale Sachsens. Als die bedeutendsten Ortschaften aber heben wir
die stadtähnlichen Dörfer Plaucn und Potschappel, Deuben und
Döhlen heraus, von denen das erste der Dresdner Stadtflur mit
einverleibt worden ist. So zeigt der Plauensche Grund ein doppeltes
Gesicht: in seinen bewaldeten Berghöhen und frischen Talbuchten die
Aumut der Natur, und in seinen reichen unter= und oberirdischen
Betrieben den Fleiß der Bewohner, den keine Mühe bleicht und
kein Rauch erschlafft.