Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1860.
Das Jahr 1859 schloß, ohne daß die Stipulationen des Waffen—
stillstandes von Villafranca und des Friedens von Zürich bezüglich Italiens
zur Ausführung gekommen wären. Die Idee einer italienischen Con-
föderation war schon vor dem Kriege von Napoleon der öffentlichen Mei-
nung durch eine Broschüre La Gueronnières unterbreitet und der Ueber-
einkunft zwischen beiden Kaisern in Villafranca zu Grunde gelegt worden.
Sie entsprach offenbar den Interessen Frankreichs und ließ überdies ge-
wissen dynastischen Hintergedanken, die dem Kaiser der Franzosen mit
Recht oder mit Unrecht zugeschrieben wurden und noch werden, freien
Spielraum. Es ist daher anzunehmen, daß es ihm damals mit der Aus-
führung seiner Idee Ernst war. Aber es ließ sich von Anfang an nicht
verkennen, daß dieselbe große Schwierigkeiten darbot. Durch den Verlust
der Lombardei allein war der dominirende Einfluß Oesterreichs in Italien
noch keineswegs gebrochen. Sardinien wäre zwar nach Erwerbung der
Lombardei der stärkste, wenn auch nicht der größte rein italienische Staat
in der neuen Conföderation gewesen, aber durch Venetien, durch die Rück-
kehr der vertriebenen Fürsten nach Toskana, Modena und Parma, durch
den Pabst, dessen Interessen als Beherrscher des Kirchenstaats ihn unbe-
dingt in die Hände von Oesterreich gaben, durch Neapel hätte Oesterreich
nach wie vor in Italien dominirt, wäre Sardinien nach wie vor isolirt
geblieben und überdies von Oesterreich durch das Festungsviereck fortwäh-
rend bedroht worden. Das konnte unmöglich die Absicht Frankreichs sein;
es konnte in die Beibehaltung des bisherigen Territorialbestandes und der