Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

128 Oesterreich — Galizien. 
daß sie auf die Standesvorrechte verzichten und die Robotaufhebung 
anerkennen. 
24. April. Der Landtag beschließt einstimmig, um völlige Einführung 
der polnischen Sprache an der Universität Krakau nachzusuchen. 
26.4.  Der Landtag beschließt die Vornahme der Reichstagswahlen unter 
ausdrücklichem Vorbehalt der Autonomie und der historischen Rechte 
des Landes: 
,,Durch die ausdrückliche Bestimmung des Gesetzes bemüssigt, schreiten 
wir zur Wahl der Abgeordneten in den Reichsrath und unterbrechen die 
legislatorischen Arbeiten des Landlages, von dem das Land seine organische 
Einrichtung erwartete. Diesem Landtage allein erkennt das Land die Ge- 
walt zu. über unsere Landesangelegenheiten zu entscheiden, denn es stützt 
sich auf die Grundlage jener Traditionen, jener Rechtsanschauung und jener 
Rechtsansprüche, welche Se. Maj. in dem a. h. Manifeste und Diplome 
vom 2. Oktober als die wesentliche Richtschnur seiner Regierung anerkannte. 
Unsere Abgeordneten, als die ausschließlichen Repräsentanten Galizien's und 
Krakau's im Reichsrathe’ werden ohne allen Zweifel die unserem Lande ge- 
bührenden historischen Rechte wahren. Von dlesem Gedanken ausgehend, 
schreitet der Landtag zur Wahl der Abgeordneten in den Reichstag“. 
9. Mai. Circular des griechisch -unirten Metropoliten von Lemberg gegen 
politische Demonstrationen der Ruthenen. 
22. Okt. Ruthenische Adresse an den Kaiser mit der Bitte um eine 
durchgreifende Trennung des polnischen und des ruthenischen Theils 
von Galizien: 
,,. . .  Schon im Voraus war dem Russen durch das Landesstatut die 
Möglichkeit nicht gegeben, seine Bevölkerung dort in entsprechender und 
würdiger Weise zu repräsentiren. Das russische Volk, auf den Kleinbesitz 
in Ostgalizien beschränkt, mußte auf dem Landtage in Minorität verbleiben; 
es ist allgemein bekannt, daß sein Adel bereits zu den Zeiten der polnischen 
Herrschaft die polnische Nationalität annahm. . . . Die Durchführung des 
von E. M. ausgesprochenen Grundsatzes der Gleichberechtigung kann nur 
dann dem russischen Volke heilsame Früchte bringen, wenn die gerechten 
Wünsche dieses letzteren Berücksichtigung finden. Deshalb ist es eine unum- 
gängliche Nothwendigkeit, den Russen Ostgalizien's Gelegenheit zu bieten, 
über ihre Nationalinteressen selbst ihre Stimme abzugeben. Die Erreichung 
dieses Zieles dürfte auf folgende Weise zuwege gebracht werden: 1) Der 
galizische Landtag könnte derart organisirt werden, daß er in zwei von ein- 
ander unabhängige Nationalkurien zerfiele, denen es gesetzlich erlaubt wäre, 
ihre Nationalangelegenheiten je nach den Bedürfnissen ihres Volkes zu er- 
ledigen, und unmittelbar E. M. zu unterbreiten. In den übrigen, die 
allgemeinen Interessen des Landes betreffenden Fragen scheint die gemein- 
same Behandlung derselden durch russische und polnische Vertreter nicht 
unmöglich. 2) Außerdem konnte dem russischen, wie unläugst dem serbischen 
Volke die Bewilligung ertheilt werden, seine Wünsche auf einem National- 
congreß zu formuliren und E. M. zu unterbreiten. 3) Da die Russen als 
Ureinwohner von Ostgalizien schon durch die Vorsehung von den Polen in 
Westgalizien in Bezug auf Sitten und Gebräuche, auf Schrift und Sprache, 
auf den Kirchenritus, sowie endlich in Bezug auf ihre, dem Staatsleben 
Oesterreichs günstige politische Gesinnung geschieden sind, so wäre es nicht 
nur gerecht, sondern auch nothwendig, dieselben von dem Einflusse der 
polnischen Agitation durch Zertheilung Galizien's in eine polnische und
	        
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