Außereuropäische Staalen — Japan. 287
1. Japan.
24. Jan. Graf Eulenburg schließt einen Handelsvertrag zwischen Preußen
und Japan ab.
1. Mai. Circulardepesche der Regierung von Japan an die Repräsen-
tanken der europäischen Mächte:
„Während beinahe drei Jahrhunderten stand unser Kaiserreich in keinen
Beziehungen zu den auswärtigen Mächten. Die Erzeugnisse unseres Landes
genügten den Bedürfnissen der Bevölkerung; die gewöhnlichen Consumtions-=
artikel waren um mäßige und fast sich gleichbleibende Preise zu bekommen;
Zufriedenheit und Ruhe herrschten allenthalben. Indessen wurde auf den
Rath des Herrn Präsidenten der Vereinigten Staaten das Gesetz bezüglich
der Ausschließung des Auslandes abgeändert und von der japanischen Re-
gierung mit dem Kommodore Perry, außerordentlichem Gesandten der
Vereinigten Staaten, am 31. März 1854 ein Vertrag abgeschlossen, in
welchem der nordamerikanischen Marine das Recht eingeräumt ward, sich
in den beiden Häsen von Simoda und Hakodadi mit Holz, Wasser
und Proviant zu versehen. Seitdem wurde am 29. Juli 1858 mit Herrn
Towusend Harris, bevollmächtigtem Minister der Vereinigten Staaten, ein
weiterer Vertrag eingegangen, der das Recht, mit Japan Handel zu treiben,
statuirte; und mit fünf anderen Mächten sind später ähnliche Verträge
unterzeichnet worden, welche gegenwärtig in Krast treten sollen. Die Zu-
lassung des auswärtigen Handels in den offenen Häfen hat aber zu einem
von unseren Erwartungen sehr verschiedenen Resultate geführt; die vermög-
licheren Volksklassen sehen den Vortheil davon nicht ein und auch den
ärmeren erwächst daraus keine Wohlthat. Die Gegenstände der ersten Lebens-
nothdurst werden von Tag zu Tag theuerer, was durch die immer wachsende
Ausfuhr bewirkt wird, und die Armen sind nicht mehr wie früher im
Stande, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, ja sie sind manchmal der Kälte
und dem Hunger ausgesetzt, und schreiben alle diese Mißstände dem aus-
wärtigen Handel und den Maßregeln ihrer Regierung zu. Das System
der Ausschließung der Fremden, das durch so lange den aufrecht erhalten
ward, hat sich mit dem Volke von Japan so zu sagen identifizirt, als zu
seinen feststehenden Grundsätzen gehörig; es ist daher leicht zu begreifen,
daß, wenn auch die von uns bezeichnete Schwierigkeit nicht bestände, es
die Gränzen der Macht einer Regierung oder von sonst Jemandem über-
steigen würde, die öffentliche Meinung in diesem Punkte umzuwandeln oder
selbst nur zu mildern und das Unbehagen verschwinden zu machen, das
man allgemein dem Handel mit den Fremden in die Schuhe schiebt. Es
unterliegt übrigens keinem Zweifel, daß die Zeit nicht mehr fern ist, in
der unser Volk zur Erkenntniß des Nutzens kommen wird, den ein Handel
mit auswärts sicherlich verschafft; blos bei dem jetzigen Stande der öfssent-
lichen Meinung würde die Abschließung neuer Verträge mit anderen Mächten
schwere Folgen, ja vielleicht selbst eine Empörung nach sich ziehen. Wie
man es bel den dermaligen Verhältnissen für nöthig erachtet hat, vorzu-
schlagen, daß die vertragsmäßig zugesicherte Freigebung der Häfen von
Hiogo und Nicgata und der Städte Deddo und Osacca für den
auswärtigen Handel vorläufig aufgeschoben werde, so haben wir auch zu
konstatiren, daß wir für jetzt in neue Verträge mit fremden Staaten uns
einzulassen außer Stande sind; und es ist der Zweck dieser Zuschrift, über
den gegenwärtigen Stand der Dinge in unserem Lande verläßliche Mit-