Uebersicht der Ertignisse des SZahrts 1861. 811
aler nicht daran gedacht, die Krone seiner Väter zu tragen. Mit gerin-
geren Talenten ausgestattet und von bescheideneren Ansprüchen erfüllt,
brackte er dagegen eine vielfach nur zu bitter erworbene Erfahrung vom
Wechel menschlicher Dinge, eine verständige Einsicht in die Bedürfnisse
und in den Willen der großen Mehrheit seines Volkes und den redlichen
Entschluß, allen berechtigten Bestrebungen der verschiedenen Elemente seines
Volkes nöglichst gerecht zu werden, mit zur Regierung desselben, so weit
seine Egiehung, seine bisherige Stellung im Staate und der Einfluß
seiner Ungebung es ihn erkennen ließen. Mit jenem Ernste, der den
schwierigen Umständen, unter denen er den Thron bestieg, entsprach, ging
er an das ihm von der Vorsehung auferlegte Amt. Im Innern war
die Stellung der Regierung zu den großen Parteien des Landes eine
unklare und unentschiedene; Preußens auswärtige Politik aber entbehrte
nach dem alsemeinen Urtheile klarer Zielpunkte, während die deutsche
Frage, die kuhessische und die schleswig-holsteinische immer gebieterischer
nach einer Lösung verlangten. Die letztere namentlich schien an einem
entscheidenden Punkte angekommen zu sein und Preußen die Ausführung
eines Beschlusses des Bundestags, wie des einstimmigen Willens der
Nation zufallen zu müssen. Wie weit aber der erste entschlossene Schritt
gegenüber Dänemark, das seine Existenz bedroht sah oder bedroht glaubte,
dessen Volk von leidenschaftlicher Agitation gegen Deutschland durchwühlt
war und dessen Regierung bei allen Kabinetten Europas um Unterstützung
intriguirte, führen würde, war röllig ungewiß, zu einer Zeit, da die
öffentliche Meinung ehnedies mit Besorgniß und Mißtrauen auf die unge-
wissen Absichten des Kaisers der Franzosen blickte. Die ersten Aeuße=
rungen des Königs Wilhelm verriethen deutlich die Präoccupation seines
Gemüthes in dieser doppelten Richtung. Zunächst trat indeß keine That-
sache ein, welche diese Besorgnisse bestätigte. Der Bundestag faßte zwar
am 7. Febr. einen Beschluß, der die Execution gegen Dänemark eventuell
wieder in Aussicht stellte; allein zwischen Beschluß und That war, wie
sich bald zeigte, noch ein weiter Weg, und Frankreich that keinen Schritt,
um im Herzen Eurepas eine neue Frage aufs Tapet zu bringen. Die
Aufmerksamkeit des Königs und seiner Regierung konnte sich unbeirrt den
innern Zuständen zuwenden, die sich übrigens zunächst in der bisherigen
Weise zwischen den beiden großen Parteien des Landes abspannen.
Am 14. Januar eröffnete der König die Session des Landtages.
Er betonte in seiner Thronrede einerseits die Verstärkung des Heeres, an
deren Durchführung ihm persönlich vor allem gelegen war, während