314 Uebersicht der Ereignisse des Jahres 1861.
Nicht blos die speciell preußischen auch die allgemein deutschen
Verhältnisse waren geeignet, hiebei ihr Moment in die Wagschaale zu
werfen, wenn gleich die deutsche Frage nur langsam ihrer Reife entgegen
gehen kann. Der Nationalverein hatte zwar Bewegung in die Geister
gebracht und indem er seine Ziele mit Umsicht und Energie verfolgte,
zwang er allmälig auch seine Gegner, wenn sie ihm das Feld nicht nach
und nach ganz überlassen wollten, auch ihrerseits an positire Vorschläge
zur Umgestaltung der deutschen Bundesverfassung wenigstens zu denken, da
die Ueberzeugung von der Unzulänglichkeit des alten Bundestages in im-
mer weiteren Kreisen Wurzel faßte. Denn ein einfaches Unterdrücken der
mißliebigen Bestrebungen des Nationalvereins von Seite dieser eder jener
Regierung war wohl nicht mehr möglich. Hatte dech die Regierung von
Hessen-Darmstadt umsonst durch Prozesse und die Mittel der Polizei den
Verein zu unterdrücken versucht und sah sich am Ende veranlaßt, da sie
durch alle ihre Maßregeln dem Verein im Großherzogthum nur eine weitere
Verbreitung verschafft hatte, die Frage unter dem 5. Januar ver den
Bundestag zu bringen, wo ihr Antrag unter Verweisung an einen Aus-
schuß in aller Stille begraben wurde, nachdem das offiziöse Organ der
preußischen Regierung sich sehr bestimmt dagegen ausgesprochen und die
Competenz des Bundes zu einem solchen Beschluß in Abrede gestellt hatte,
so daß das Zustandekommen desselben mehr als zweifelhaft war und der-
selbe, selbst wenn cs der Fall gewesen wäre, von Preußen und andern
Regierungen doch nie würde ausgeführt worden sein.
Dagegen faßte die Bundesversammlung am 7. Februar den schon
lange erwarteten Beschluß in der holsteinischen Frage, der das schon am
12. August 1858 gegen Dänemark eingeleitete, dann sistirte Ere-
cutionsrerfahren wieder aufzunehmen dachte, wenn Dänemark den Ferde-
rungen des Bundes nicht binnen sechs Wochen „in vollkommen sichernder
Weise“ Genüge leisten würde. So gering nun auch das Zutrauen der
Nation zum Bundestage und zu der Energie seines Handelns war, und
so wenig die Holsteiner sich selbst davon versprachen, die in einer Peti-
tion an den Bundestag unzweideutig erklärten, daß eine Bundeserecution
im Interesse des Herzogthums Holstein und zur Ehre Deutschlands nur
dann von Wirksamkeit sein werde, wenn sie „Helstein und Schleswig"
umfasse und lieber gar feine, als eine halbe Maßregel wünschten, so war
die öffentliche Meinung in Deutschland dech für den Augenblick zufrieden
und hoffte, daß Deutschland endlich seine Macht entfalten und die Schmach
sühnen werde, die das kleine Dänemark dem großen Deutschland sort-