Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiter Jahrgang. 1861. (2)

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Deutschland (ohne Preussen). 
fassungswerk zu Stande zu bringen, und hervorgegangen aus den in sämmt- 
lichen deutschen Bundesstaaten unter der Leitung der Regierung vorgenon- 
menen Wahlen des deutschen Volkes — die von ihr berathene deutsche Reichs- 
verfassung unterm 20. März 1849 endgiltig beschlossen und verkündet hat; 
in Erwägung, daß diese Verfassung zwar nicht in Wirksamkeit getreten 
ist, die deutschen Regierungen vielmehr im Widerspruch mit feierlich gege- 
benen Zusagen den in aller Form aufgehobenen Bundestag wiederhergestellt 
haben, ohne hiezu die Zustimmung des deutschen Volkes oder auch nur der 
Landesvertretungen in den einzelnen Staaten verfassungsmäßig einzuholen; 
in Erwägung, daß der dadurch bewirkte thatsächliche Zustand an und für 
sich den Rechtsbestand der endgültig zu Stande gekommenen deutschen Reichs- 
verfassung nicht ausheben kann; . . . aus diesen Gründen vereinigt 
sich die Versammlung zu der offenen Erklärung: Es ist das Recht und 
die Aufgabe des deutschen Volkes, auf die Einführung der Reichsver- 
fassung vom 28. März 1849 mit den einen integrirenden Bestandtheil 
derselben bildenden Grundrechten und alsbaldige, nach den Vorschriften der 
Reichsverfassung und des Reichsgesetzes vom 12. April 1849 vorzunehmende 
Einberufung des Reichstages, durch welchen vor Allem wegen Lö- 
sung der noch unerledigten Oberhauptsfrage, Einsetzung einer vorläufigen 
Gentralgewalt und sonstigen etwa wünschenswerthen neuen Feststellungen die 
erforderlichen Beschlüsse zu fassen wären, mit allen gesetzlichen Mitteln hin- 
zuwirken“. 
II. Ansprüche an die „deutschen Brüder in Oesterreich“: 
. . Ja wir sprechen es offen und rückhaltslos aus: Ohne Euch, ohne 
Deutschösterreich ist Deutschland ein verstümmelter Körper, dem die wichtig- 
sten Glieder eines kräftigen nationalen Gemeinwesens fehlen; mit Euch ist 
es mächtig und stark. Nie wird das deutsche Volk dem selbstmörderi- 
schen Vorschlage, Euch von dem deutschen Gesammtkörper abzulösen und 
die Geschicke Deutschlands von den eurigen zu trennen, Gehör schenken, 
so lange noch eine Hoffnung übrig bleibt, Euch dem Vaterlande zu erhalten, 
so lange Ihr nicht selbst in beklagenswerther Verblendung demselben den 
Rücken kehrt. Vereint werden wir unsere Nationalangelegenheit zum rech- 
ten Austrag bringen; getrennt wird der finstere Geist abermals über uns 
mächtig werden, welcher seit Jahrhunderten die deutsche Nation in Fesseln 
gehalten, gespalten und geschwächt hat. Lasset daher unsere Worte nicht un- 
gehört verhallen, stoßt die in Treue dargebotene Bundeshand nicht zurück, 
sondern schaart Euch mit uns unter dem schwarz- roth- goldenen Panier für 
die Verfassung des deutschen Reichs und für das verfassungsmäßige 
deutsche Parlament"“. 
III. Zur schleswig-holstein'schen Frage: 
„. . . Es macht sich das Bedenken geltend, daß nur Holstein für sich, nicht 
aber dessen Verhältniß zu Schleswig von den neuen Beschlüssen des Bun- 
des berührt wird. Nachdem der König-Herzog am 7. Sept. 1846 die Er- 
klärung gegeben hat, „daß es ihm niemals in den Sinn gekommen sei, die 
Selbständigkeit des Herzogthums Holstein, dessen Verfassung und sonstige 
auf dem Gesetz und Herkommen beruhende Beziehungen zu beeinträchtigen; 
nachdem die Bundesversammlung nur in Betracht dieser Zusicherung am 
17. Sept. 1846 einzuschreiten unterlassen, ihre Competenz aber gewahrt hat, 
nachdem dieselbe sodann am 4. April 1848 an Preußen den Auftrag ertheilt 
hat, „das Vermittlungsgeschäft auf der Basis der unverkürzten Reche Hol- 
steins, namentlich auch der staatsrechtlichen Verbindung mit Schleswig zu 
führen,“ und dieselbe Versammlung am 12. April 1848 ferner erklärt hat, 
daß die Räumung des Herzogthums Schleswig von den dänischen Truppen 
nöthigenfalls zu erzwingen sei, „um das durch den Bund zu schützende Recht 
Holsteins auf die Union mit Schleswig zu bewahren“, kann von dem Ge-
	        
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