Uebersicht der Ertignisse des Sahrts 1863. 293
stimmende Depeschen an das Cabinet von St. Petersburg, aber eigentlich Rußland.
nur, um die totale Ablehnung aller ihrer Forderungen ven Seite Ruß-
lands zu constatiren und dasselbe für die Folgen verantwortlich zu machen.
Die Gefahr für Rußland war beseitigt. Es zögerte daher auch nicht mit
seiner Antwort, in der es die Discussion für geschlossen erklärte. England
mußte darauf zum Voraus gefaßt sein, Oesterreich schien fast froh, aus seiner
theilweise schiefen Stellung dadurch herausgekemmen zu sein, Frankreich allein
glaubte sich wenigstens nicht ohne weiteres damit begnügen zu dürfen.
Frankreichs Stellung war allerdings eine andere als diejenige der #
beiden Staaten, die sich ihm in dieser Frage näher angeschlossen und mit
ihm es unternommen hatten, die öffentliche Meinung Europa's, die In-
teressen der Humanität und die Rechte eines unterdrückten Volkes gegen-
über dem russischen Cabinet zu vertreten. Napolcon mußte auf die öf-
sentliche Meinung seines Landes mehr Rücksicht nehmen als die österrei-
chische Regierung und ging nicht daron aus, um jeden Preis einen Krieg
vermeiden zu wollen, wie England. Aber ohne Allürte konnte er
nicht daran denken. Auch Frankreich blieb daher nichts anderes übrig,
als die polnische Frage fallen zu lassen. Ind 6 mußte wenigstens
ein Ausweg gefunden werden, der den Schein rette"“., wenn Polen definitiv
Preis gegeben werden sollte; die inneren Verhältnisse Frankreichs machten
dieß dem Kaiser zur doppelten Pflicht. Am 12. Januar 1863 war der
gesetzggebende Körper zu seiner letzten Session zusammengetreten. Der-
Kaiser eröffnete sie mit einer Thronrede, in der er einen befriedigten
Rückblick auf die verflossenen fünf Jahre warf, um der Versammlung zu
erklären, daß es in seinen Augen ein Act der Undankbarkeit gewesen wäre,
wenn er, wie es die öffentliche Meinung gewünscht'und eine Zeitlang sogar
erwartet hatte, dem von der Verfassung gesteckten, Termine vorgegriffen
und schon früher Neuwahlen angeordnet hätte, und um schon jetzt die
Hoffnung auszusprechen, daß das Land ihm demnächst eine ebenso ergebene
Kammer, wie diese war, schicken möchte. „Sagen Sie Ihren Mitbürgern,
„schloß er, daß ich stets bereit sein werde, Alles anzunehmen, was im
„Interesse der großen Anzahl ist; aber wenn es denselben am Herzen
pliegt, das begonnene Werk zu erleichtern, so empfehlen Sie ihnen auch,
„Conflicte zu vermeiden, welche nur Mißbehagen erzeugen, die Verfassung,
„welche Ihr Werk ist, zu befestigen und in die neue Kammer Männer zu-
öschicken, die wie Sie ohne Rückhalt das gegenwärtige System annehmen
und fruchtlosen Kämpfen ernste Berathungen vorziehen."“