Preußen und der norddeutsche Bund. 125
schreiten, und, wie gesagt, ich werde es auch nicht thun, wenn auf eine andere
Weise angemessen gesorgt werden kann für die Rechtsordnung im Lande.
Wollen Sie Sich vielleicht aber einmal klar machen, welche Folge können
Sie nebenbei erlangen durch Ihren Antrag, die Sie nicht erreichen wollen,
die Ihnen reichliches Aergerniß bereiten? Ein Justizminister, der in die Lage
versetzt wird, zur Uebung der Rechtsordnung Hilfsarbeiter zuzulassen, und
von diesem seinem Rechte vollständig überzeugt ist, findet vielleicht Mittel, die
ihm an sich sehr unerwünschte sind, die ihn aber in die Lage versetzen, seinen
Willen durchzusetzen, ohne gegen Ihre Resolution zu verstoßen, das heißt,
also Hilfsarbeiter anzustellen, ohne für sie Diäten in Anspruch zu nehmen.
Ich stelle Ihnen zur Erwägung Verschiedenes, was ein Justizminister in
solcher Bedrängniß thun kann; zuvörderst kann er sehr strenge Principien an-
wenden in Betreff der Beurlaubungen, oder, wenn er den Urlaub bewilligt,
dann nur dann, wenn der Beurlaubte aus eigenen Mitteln für die Stell-
vertretungskosten sorgt. Das ist hart und unbillig, aber vielleicht nicht zu
vermeiden. Diejenigen Mitglieder des Tribunals, welche hier in dem Hause
Sitz und Stimme haben, wird der Justizminister nicht anders behandeln wie
die übrigen Beamten des Landes. Wenn die letzteren Stellvertretungskosten
zahlen, wird er auch den Mitgliedern des Obertribunals von ihren Besol-
dungen Abzüge machen lassen (Sehr richtig! rechts), und wenn dann die
Herren eine Rechtsbelehrung bei den Gerichten des Landes suchen, dann wer-
den die ihnen Rechtsbelehrung wohl zu Theil werden lassen. (Bravol rechts.
Oho! links.) Aber, meine Herren, ich glaube, daß hier im Lande patriotische
Mitglieder der Appellationsgerichte vorhanden sein werden, die, im Besitz hin-
länglicher Mittel, sich erbieten werden, ohne Diäten Hilfe zu leisten beim
Obertribunal. Das ist auch ein Weg, ein unerwünschter Weg, den dann ein
Justizminister zu gehen hat. Denn unter solchen Umständen wird leicht ein
Anspruch auf Beförderung gewährt, und solche Gewährungen sind vom Uebel
und jedenfalls nicht von Nutzen. (Zustimmung.) Drittens, meine Herren,
allen solchen Anträgen gegenüber wird der Justizminister leicht in die Lage
gedrängt, mit aller Schärfe und Schroffheit den Grundsatz durchzuführen,
Sr. Maj. nie ein Mitglied an den Appellationsgerichten zum Obertribunal
in Vorschlag zu bringen, von dem er nicht mit größter Sicherheit annehmen
kann, daß er nicht ein Mandat zum Abgeordnetenhause annehmen wird.
(Oho! links.) Meine Herren! Ich habe Ihnen voraus gesagt (Ruf: „Ja,
ja!"), daß Sie viel Aergerniß nehmen würden an mir. (Sehr wahr! Bravo!)
Das habe ich Ihnen voraus gesagt, habe Ihnen voraus gesagt, daß das
Folgen wären, die mir durchaus unerwünscht seien, und daß Sie mich nicht
in eine solche Lage versetzen mögen. (Sehr gut! Oho!) Ich muß damit
schließen.“ (Lebhaftes, erneutes Bravo rechts; starkes Zischen und ironische
Bravo's links.) — Große Aufregung herrscht im Hause. In sichtbarer Er-
regung besteigt der Abgeordnete Twesten die Tribune: „Selbst zur Zeit des
schwersten Verfassungsconflicts sind uns nicht solche Drohungen und Provo-
cationen entgegengeschleudert worden, wie wir sie heute aus dem Munde des
Justizministers gehört. (Stürmischer Zuruf.) Heute, wo es sich um eine
Summe von 1000 Thlrn. handelt, sagt uns der Justizminister, wenn wir
hier auf unserer Ueberzeugung beständen, würden wir auf seiner Seite einer
Energie begegnen, die selbst vor einem Verfassungsconflict nicht zurückscheuen
würde. Das geht über Alles hinaus, was uns bisher geboten worden ist!
(Stürmischer Beifall.) Ich hoffe zwar, der Herr Minister wird sich noch
besinnen, ehe er mit seinen Drohungen Ernst macht, ich hoffe, seine Entschlüsse
sind nicht unabänderlich. Im Jahre 1866 hat er den Sieg der Oesterreicher
über uns herbeizuführen gesucht, im Jahre 1868 unterzeichnet er das Beschlag-
nahmedecret gegen seinen früheren König. (Stürmische Zurufe und Unter-
brechung im ganzen Hause.) Ich hoffe also, daß er auch hier einer Aende-
rung nicht unzugänglich sein wird, denn wenn wir eine Summe absetzen,