Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dreizehnter Jahrgang. 1872. (13)

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10. 
Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
in nahe Aussicht stellt, gleichzeitig aber die Ausscheidung des Doma- 
niums zu Gunsten des Landes betont und die Ausarbeitung des nächst- 
jährigen Budgets zu diesem Zweck als in Auftrag gegeben bezeichnet. 
Das Präsidium spricht der Regierung Namens der Versammlung seine 
Befriedigung über diese Mittheilung und seinen Dank aus. 
„ (Preußen und Baden) einigen sich über die bisher zwischen 
ihnen streitige Militärkirchenordnung für das badische Contingent. 
„ (Elsaß-Lothringen.) Differenz zwischen der römischen Curie 
und der kaiserlichen Regierung bezüglich der Giltigkeit des französischen 
Concordats von 1801 für die neuen Reichslande. Ein Mißgriff der 
Curie in der Verfolgung ihrer Ansprüche gegen den Staat wird von 
der Regierung sofort ergriffen, um die Rechte des Staats gegen die 
Ansprüche der Kirche festzuhalten. 
Unter dem 3. Jan. I. Is. hatte nämlich der Cardinal Antonelli dem 
Bischof von Straßburg angezeigt, daß die Römische Curie das Concordat von 
1801 nicht mehr als zu Recht bestehend anerkenne: „Erlauchtester und ehr- 
würdigster Herr! In Beantwortung des Briefes, den Eure Gnaden am 
28. November an den heiligen Vater gerichtet haben, beeile ich mich, Ihnen 
kund zu geben, daß es nicht zweckmäßig erscheine, auf den in Ihrem Briefe 
enthaltenen Erwägungen zu bestehen, um die in Betreff der Ernennung der 
Cantonalpfarrer entstandenen Verwicklungen zu lösen, und zwar aus dem 
Grunde, weil das Concordat von 1801 dort von dem Augenblick an keine 
Kraft mehr hat, in welchem Elsaß ein Theil des deutschen Reiches geworden 
ist. Indem ich Sie zugleich versichere, daß der heilige Stuhl nicht ermangeln 
wird, im geeigneten Augenblicke eine angemessene Verständigung mit der preu- 
ßischen Regierung in Betracht zu ziehen, habe ich das Vergnügen 2c." Die 
offiziöse Presse acceptirte diese Erklärung der römischen Curie sofort mit dem 
Beifügen, daß als einfache Consequenz derselben von staatlicher Seite „die 
betreffenden Verhältnisse nunmehr (nicht etwa durch ein Concordat, sondern) 
im Wege der Gesetzgebung würden geordnet werden“". Die Curie erkannte 
auch sofort den begangenen Mißgriff und Cardinal Antonelli richtet daher 
unter dem 10. Febr. ein neues Schreiben an den Bischof von Straßburg 
folgendes Inhalts: „Hochwürdigster Herr! Die Mittheilung, welche Ew. Hoch- 
würden dem Gouverneur Ihrer Stadt Betreffs meines Schreibens vom 3. des 
vergangenen Monats gemacht, hat der Regierung des deutschen Reiches den 
Gedanken eingeflößt, daß man ihr durch den Inhalt dieses Briefes das Con- 
cordat von 1801 habe aufklindigen wollen. Deßhalb beeile ich mich, Ihnen 
mitzutheilen, daß dieses keineswegs die Absicht des hl. Stuhles gewesen ist 
und daß der hl. Stuhl der kaiserlichen Regierung kein Concordat zu kündigen 
hat. [Der Cardinal will wohl sagen, daß das Concordat schon durch die 
Ereignisse außer Wirksamkeit gesetzt worden sei.] Man wollte Ew. Hochwür- 
den nur den Standpunkt andeuten, auf welchen sich der hl. Stuhl Betreffs 
des Concordats stellt, insofern es die Provinzen betrifft, welche Frankreich nicht 
mehr angehören, und derselben zu verstehen geben, daß für die Regulirung 
der religiösen Angelegenheiten dieser Provinzen eine specielle Convention mit 
der kaiserlichen Negierung Deutschlands nothwendig sei. So lange diese Con- 
vention nicht abgeschlossen ist, müssen die Bestimmungen des Concordats Be- 
treffs aller Punkte, welche nach dem Artikel 17 keine neue Convention mit 
dem hl. Stuhle erheischen, fürderhin beobachtet werden. Deßhalb steht der 
Anerkennung der Herrn Cantonalpfarrer durch den Staat nichts im Wege. 
Ew. Hochwürden werden indeß begreifen, daß es vorzuziehen wäre, sich, wie 
dieses übrigens in Deutschland Gebrauch ist, vorher über diese Ernennungen
	        
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