6 Allgemeine Chronik.
gionslehrer seiner Diöcese an, trotz jener Verfügung auf dem polnischen Unter-
richt zu beharren.
22. Febr. [Deutschland: Sachsen.] II. Kammer: erklärt sich mit allen gegen bloß
2 Stimmen für die Ausbildung des Reichsoberhandelsgerichts in Leipzig zu
einem obersten Gerichtshof für das Reich.
23. „ [Frankreich.] Briefwechsel zwischen dem Bischof Dupanloup und dem
Grafen Chambord. Der letztere bleibt bei seinen Prinzipien und lehnt jedes
Nachgeben ab.
„ „ [Spanien.] Die neue republikanische Regierung verfügt die Aufhebung
der Conscription für die Armee, führt die allg. obligatorische Dienstpflicht
ein und erläßt einen Aufruf zu freiwilligem Eintritt in die Armee. Die
Disciplin löst sich inzwischen in der bestehenden Armee gänzlich auf.
„ [Deutsches Reich.] Der Kaiser sanctionirt die vom Reichstag beschlossene
und vom Bundesrath genehmigte Abschaffung der particularistischen itio in
partes in der Reichsverfassung.
„ [Schweiz.] Die Regierung von St. Gallen versagt einem Hirtenbriefe des
Bischofs Greith das staatliche Placet, weil darin das Unfehlbarkeitsdogma
verkündet werden wollte.
" [Schweiz.] Einer Massenpetition der Ultramontanen des K. Solothurn
gegen die Absetzung des Bischofs Lachat setzen die Liberalen eine Zustim-
mungserklärung für die Regierung entgegen, die in wenig Tagen eine viel
größere Zahl von Unterschriften erhält als jene. Die Majorität der Bevöl-
kerung des Kantons steht entschieden zur Regierung und ebenso die große
Majorität des Kantonsrathes.
„ „ [Schweiz.] 97 kath. Geistliche im Jura, dem französischen Theile des Kan-
tons Bern, protestiren gegen die Absetzung des Bischofs Lachat. Die Re-
gierung von Bern stellt sie sofort in ihren Functionen ein.
„ [Schweden.] II. Kammer: beschließt mit 125 gegen 54 Stimmen, von der
Civilliste des Königs im Betrage von 900,000 schwed. Thlrn. 100,000 zu
streichen.
26. „ [Deutschland: Sachsen.] II. Kammer: Der Cultminister erklärt, daß die
Regierung es s. Z. abgelehnt habe, der Publication des Unfehlbarkeitsdogmas
das staatliche Placet zu ertheilen und anerkennt ausdrücklich, daß die kath.
Schulen ganz ebenso unter Staatsaufsicht stehen wie die evangelischen.
„ [Frankreich.] Nat.-Versammlung: beginnt die Berathung der Anträge
der 30er Commission. Das Eintreten in dieselben wird mit 472 gegen 199
Stimmen beschlossen.
28. „ [Deutschland: Preußen] Abg.-Haus: Der Cultminister Falk gibt dem-
selben vorläufig eine ausführliche Darlegung der Plane der Regierung bez.
der Herstellung einer evang. Synodalverfassung für das ganze Königreich.
Das Haus bewilligt daraufhin den dafür im Budget für 1873 angesetzten
Posten mit großer Mehrheit (gegen die Stimmen der Fortschrittspartei).
„ [Deutschland: Sachsen.] II. Kammer: lehnt den einige (sehr wünschens-
werthe) Verfassungsveränderungen betr. Gesetzesentwurf, obgleich derselbe von
der Regierung selber dem Landtag vorgelegt und von der II. Kammer fast
einstimmig angenommen worden war, ihrerseits mit 23 gegen 13 Stimmen ab.
— „ [Portugal.] Die Vorgänge in Spanien erzeugen in Portugal eine ge-
wisse Aufregung, doch erräth sich keinerlei Neigung, sich von Spanien fort-
reißen oder auch nur beeinflussen zu lassen. Portugal will offenbar ent-
schieden für sich bleiben und die sog. iberische Idee findet hier nur sehr wenig
Anhänger.
1. März. [Deutschland: Preußen.] Abg.-Haus: genehmigt in dritter Lesung der
zweiten Berathung die Verfassungsveränderung in namentlicher Abstimmung
mit 228 gegen 108 Stimmen, womit diese Vorfrage für die kirchenpolitischen
Gesetze für das Abg.-Haus nach sechsfacher Berathung und Abstimmung
endlich erledigt ist.