Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 221
können die für diese Zwecke im Etat aufgebrachten allgemeinen Fonds zur
Verwendung gelangen, so daß es sich hier nur um Befriedigung derjenigen
besonderen Bedürfnisse handelt, welche durch die Constituirung des neuen
Bisthums erwachsen. Hierher sind insbesondere der Unterhalt des Bischofs
und die Kosten der Diöcesanverwaltung, die Kosten der practischen Ausbil-
dung der jungen Geistlichen, nachdem sie die wissenschaftliche Bildung voll-
endet und das Staatsexamen abgelegt haben, sowie die Beschaffung der er-
forderlichen Mittel zur seelsorgerischen Bedienung der noch nicht förmlich
constituirten Gemeinden zu rechnen. Dazu wird nach mäßigen Ansätzen der
Betrag von 16,000 Thalern jährlich genügen, aber auch erforderlich sein."
18. Nov. (Sachsen.) II. Kammer: In Folge der Vorgänge bei dem
Volksschulgesetze stellt der Abg. Minckwitz den Antrag,
"die Anwendung des § 92 der Verfassung, nach welchem bei getheilten
Curiatstimmen beider Kammern zu der Verwerfung eines Gesetzvorschlags eine
Zweidrittelmajorität in einer der beiden Kammern erforderlich ist, auf die
erste Kammer zu beschränken.“ Der Antrag erhält eine Mehrheit von 43
gegen 33 Stimmen, welche zur Annahme desselben indessen nicht ausreichend
ist, da durch denselben eine Verfassungsänderung involvirt wird. Der Abg.
Haberkorn von der Rechten stellt darauf einen Gegenantrag, den Paragraph
92 gänzlich aufzuheben und anstatt dessen das Princip des Pairsschubs in
die Verfassung aufzunehmen. Dieser Antrag gelangt mit 64 gegen 4 Stim-
men zur Annahme.
Die Regierung legt dem Landtage fünf Gesetzesentwürfe betr. Re-
form des Steuersystems vor.
20. „ (Bayern.) Eine allerh. Entschließung setzt den Ministerialerlaß
vom 8. April 1852, durch welchen den Bischöfen auf ihr Andrängen
eine Reihe nicht unerheblicher Concessionen gemacht worden war, außer
Wirksamkeit und zieht jene Rechte (namentlich bez. der Ernennung zu
Pfarrstellen) zu Handen einer kräftigen Staatsgewalt gegenüber den
Ansprüchen der Hierarchie wieder an sich.
„ (Württemberg.) II. Kammer: Budgetberathung. Bei Berathung
des Etats des Auswärtigen werden die noch bestehenden Gesandtschaften
wiederum genehmigt, doch nicht ohne Anfechtung.
Minister v. Mittnacht hebt die Vereinigung des auswärtigen Mini-
steriums mit dem Vorsitz im Ministerrath hervor: dieselbe sei practisch und
zweckmäßig und komme den Wünschen der Kammer entgegen. Hölder an-
erkennt die reichsfreundliche Haltung der Regierung, er wolle, um dem Mini-
sterium Angesichts der bevorstehenden Entscheidung über den Lasker'schen An-
trag keine Schwierigkeiten zu schaffen, für das provisorische Fortbestehen der
Gesandtschaften stimmen, behalte sIch aber eine künftige Ablehnung vor.
Pfeiffer findet keinen Grund, von der vorjährigen Abstimmung gegen die
Gesandtschaften abzuweichen. Nachdem noch Wöllwarth sich in ähnlichem
Sinne wie Pfeiffer ausgesprochen, ergreift Minister v. Mittnacht nochmals
das Wort und entwickelt den Nutzen der noch bestehenden Gesandtschaftsposten,
namentlich desjenigen in Wien. Hierauf wird zur Abstimmung geschritten,
und es werden die Kosten für den Münchener Gesandtschaftsposten mit 73
gegen 11, die für den Wiener Posten mit 73 gegen 13 Stimmen genehmigt.
Außer den Kosten für die Gesandtschaften in München und Wien werden
auch die für Berlin und Petersburg bewilligt. Eine Bitte um Erwägung
der späteren Aufhebung des Wiener Gesandtschaftspostens wird durch Stich-
entscheid des Präsidenten angenommen.