242 Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie.
der Monarchie auch auf diesem Gebiete um einen weitern Schritt zur Durch-
ührung.
8. Febr. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Der nach Wien berufene Statt-
halter von Galizien Gulochowski erklärt dem Polenclub, daß die Wahl-
reform des Reichsraths eine beschlossene Sache sei und zwar mit der
Ausdehnung auf Galizien und bemüht sich, den Club von einem Aus-
tritt aus dem Reichsrath abzuhalten, um sich wenigstens Concessionen
zu sichern, als welche er die Ernennung eines eigenen galizischen Mini-
sters, so wie die Erbauung mehrerer neuer Eisenbahnlinien in Aus-
sicht stellt.
11. „ (Oesterreich.) Ministerrath unter Vorsitz des Kaisers: Die Vor-
lage betr. directe Reichsrathswahlen erhält die Zustimmung des Keisers.
14. „ (Ungarn.) Unterhaus: genehmigt die Erhöhung der Civilliste
um eine Million fl. mit 229 gegen 44 Stimmen.
15. „ (esterreich.) Abg.-Haus: Die Regierung bringt die Vorlage
betr. Wahlreform des Reichsraths und Einführung directer Wahlen
ein. Die Zahl der Mitglieder des Abg.-Hauses soll dadurch von 203
auf 351 erhöht, das Gruppensystem und auch das bisherige Princip
bei den Delegirtenwahlen (nach den Kronländern und durch die Abge-
ordneten jedes einzelnen derselben) beibehalten werden. Die Vorlage
wird einem eigenen Verfassungsausschuß überwiesen.
Die Vorlage besteht aus zwei Gesetzentwürfen, von denen der eine die
rincipiellen Bestimmungen der Reform enthält und sich als eine Aenderung
es Staatsgrundgesetes darstellt, der andere, die Reichsrathswahlordnung,
den formellen Theil der Reform, den Vorgang beim Wahlacte und dgl. um-
faßt. Das erstere Gesetz ist kurz und enthält nur 3 Artikel, das andere da-
gegen umfangreich in 58 Artikeln, denen sich ein compendiöser Anhang, die
Aufzählung aller Wahlkreise anschließt. Der Ministerpräsident, Fürst
Auersperg, bringt selbst die Vorlage ein, erinnert dabei an die in der kaiserl.
Thronrede gemachte Zusage der Wahlreform und betont die in dieser Reform
enthaltene Verkörperung des österr. Staatsgedankens und übergibt dann unter
dem lebhaften Beifalle des Hauses dem Präsidenten die beiden Gesetzentwürfe.
Der ursprüngliche Regierungsentwurf hatte die Mitgliederzahl des Abgeord-
netenhauses auf 323 sesigestott und das Verhältniß zwischen den einzelnen
Vertretungsgruppen war dieser Zahl etfprechend geregelt. Das Resultat
der mit den Vertretern der einzelnen Kronländer gelegentlich der Versamm-
lung der Landtage (Dec. 1872) gepflogenen Detailverhandlungen war eine
Erhöhung der Abgeordnetenzahl bis auf 339 Mitglieder, und da an dieser Er-
höhung wesentlich nur die Städte participirten, war jenes Verhältniß einiger-
maßen verrückt. Aber diese Aenderung scheint in den entscheidenden Kreisen
auf ernste Bedenken gestoßen zu sein, und da die Regierung ihre bereits ge-
machten Concessionen nicht füglich zurückziehen konnte, wurde die Remedur
in einer noch weiteren Erhöhung der Abgeordnetensitze ( aus 351) und zwar
in der Weise gesucht, daß die neue Erhöhung in erster Reihe den nichtstädti-
schen Wahlklassen zu gute kam, und damit der ursprüngliche Character der
Vorlage wenigstens annähernd wiederhergestellt wurde.
Verfassungsausschuß: Grocholski erklärt, daß die Wahlreform ohne
Verletzung des Rechts der Landtage nicht möglich und wenn durchge-
führt ein Bruch der Verfassung wäre; die galizischen (polnischen) Mit-