Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. 
gebung in die erste Linie, er gett aber weit über die Thronrede hinaus, 
indem er auf den baldigsten Abschluß der Verhandlungen mit Ungarn über 
die künftige Stellung der Nationalbank dringt, die unerläößliche Vorbedin- 
gung zur Herstellung der Valuta; er fordert mit allem durch die Umstände 
gebotenen Ernst die strengste Sparsamkeit im Staatshaushalt und die end- 
liche Inangriffnahme der so oft verheißenen Steuerreform. Der Entwurf 
constatirt sodann — die gegenwärtigen Zustände begeichnet er als „der Auto- 
rität des Staates abträglich und für die öffentliche Moral verderblich" — 
die Unaufschiebbarkeit der confessionellen Vorlagen, und spricht, 
abermals über die Thronrede hinausgehend, die Erwartung aus, daß die 
Glaubens= und Gewissensfreiheit zur Wahrheit gemacht und die Staatshoheit 
gegenüber der Kirche voll gewahrt werde. Die Weltausstellung wird mit 
glücklichem Tact als eine vom Kaiser selbst der redlichen Arbeit dargebrachte 
Huldigung aufgefaßt, der Fürsten-Begegnungen namentlich insofern gedacht, 
als die Darlegung der innigen Beziehungen zu den Souveränen der „großen 
Nachbarstaaten“ die Bürgschaften für die Erhaltung des Weltfriedens wesent- 
lich vermehren mußte, und endlich mit freudigem Danke für die Resultate 
fünfundzwanzigjähriger ernster Regentensorge auf das nahe Kaiser-Jubiläum 
hingewiesen, das alle Völker Oesterreichs versammelt finden werde, mitzu- 
arbeiten an dem Aufbau eines mächtigen, von den Ideen des Rechts und 
der Freiheit (Worte der Thronrede) getragenen Staates. 
Graf Hohenwart, der Führer der föderalistischen Opposition ent- 
täuscht die auf sein erstes Auftreten gespannte politische Welt, indem 
er gar keine Rede hält, sondern bloß im Namen des von ihm prä- 
sidirten Clubs die Erklärung abgibt: er und seine Freunde würden 
sich an der Adreßdebatte nicht betheiligen, weil ihre Betheiligung als 
eine Anerkennung der April-Verfassung (Wahlreform) gedeutet werden 
könnte, während sie in derselben vielmehr eine Verletzung der Länder- 
rechte erblickten. Bei der Abstimmung wird die Adresse mit allen 
gegen die Stimmen der Föderalen und der Polen angenommen. 
20. Nov. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Da die Session des Reichsraths 
21. 
24. 
vor Neujahr nur eine sehr kurze sein wird, weil die Landtage dem- 
nächst zusammentreten sollen, an eine rechtzeitige Erledigung des Bud- 
gets für 1874 also nicht zu denken ist, so bewilligt das Haus die 
Forterhebung der Steuern für die ersten drei Monate des Jahres 1874. 
„ (Oesterreich: Tyrol.) Die Frage der Jesuitenfacultät an der 
Universität Innsbruck ist nach dem Wunsche des Cultministers erledigt: 
die Jesuiten haben den von ihnen verlangten Eid geleistet und sind 
nunmehr regelrechte k. k. Professoren, worin jedoch die liberale öffent- 
liche Meinung eine nichts weniger als befriedigende Erledigung der 
Frage erblickt. 
„ (Oesterreich--Ungarn.) Der Kaiser ernennt den Grafen Paar 
zum Botschafter beim päpstlichen Stuhle, wodurch dem ziemlich langen 
und vielleicht absichtlichen Interregnum während der Krankheit des 
verstorbenen Baron Kübeck ein Ende gemacht wird. Graf Paar ist 
dem Vatican persona grata. 
„ (Oesterreich: Böhmen.) Der Cezechenclub beschließt, daß die 
chechischen Abgeordneten nicht bloß dem Reichstag, sondern auch dem
	        
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