Allgemeine Chronik. 23
hält, in der er „die Nationalsouveränetät und die dieselbe heiligende Fahne“
betont. — Die Session der Generalräthe geht ohne besondere Kundgebung
vorüber. Die Conservativen, unter Thiers so eifrig für Decentralisation
wollen jetzt, im Besitze der Gewalt, nichts mehr davon wissen. Eine Kund-
gebung für die erfolgte Fusion der Orleans und Bourbons und für die
beabsichtigte Wiederherstellung der Monarchie wird nirgends gewagt.
15. Aug. [Rußland.] Beginn der thatsächlichen Einleitungen zur Ausführung der
großen Heeresreform.
„ „ [Dänemark.] Die Führer der Socialisten sind wegen ihrer vorjährigen
Umtriebe von den Gerichten in allen Instanzen verurtheilt worden. Der
Justizminister erläßt darauf gestützt ein Verbot der Internationale für ganz
Dänemark.
17. „ [Deutsches Reich — Dänemark.] Der Kronprinz des deutschen Reichs und
von Preußen besucht auf der Rückreise von Schweden auf spezielle Einladung
hin auch Kopenhagen und die dänische Königsfamilie.
„ „ [Frankreich.] Der Minister des Innern befiehlt, aus allen Mairien die
Büste der Republik zu entfernen.
18. „ [Deutschland: Preußen.] Die offiz. Prov.-Corr. macht die Bischöfe gegen-
über ihrer flugranten Nichtbeachtung der Gesetze nochmals dringend auf die
daraus für sie und für die kath. Kirche entspringenden schweren Folgen auf-
merksam, da ihnen doch keine Aussicht mehr bleibe, die Gesetze rückgängig
zu machen oder deren Wirksamkeit zu vereiteln.
19. " [Deutschland: Preußen.] Der Bischof von Paderborn vergleicht die
gegenwärtigen Trübsale der kath. Kirche in Preußen in einem Hirtenbriefe
geradezu mit der „Verfolgung des Namens Christi durch Diocletian."
„ [Schweiz.] Der vertriebene Herzog Karl von Braunschweig stirbt in
Genf und setzt durch Testament die Stadt Genf zum Erben seines Vermögens
von 18—20 Mill. Fr. ein.
20. „ [Deutschland: Elsaß-Lothringen.] Eröffnung der Kreistage: von 20 Kreis-
tagen leistet in 14 die Mehrheit der Mitglieder den Eid, verweigert ihn die
Mehrheit in 6.
„ „ [Frankreich.] Das Journal des Debats, das noch wenige Tage vorher
erklärt hatte, es halte eine Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich für
unmöglich, kehrt plötzlich um, schreibt den Republikanern einen Absagebrief
und geht zu den Monarchisten über.
21. „ [Deutschland: Preußen.] Die Regierung sieht sich der Starrheit des
Erzbischofs von Posen gegenüber genöthigt, das dortige Clericalseminar ganz
zu schließen, bis sich der Erzbischof entschließe, den Gesetzen sich zu unter-
werfen. — Die Gerichte fangen an, die Bischöfe wegen gesetzwidriger Besetzung
von Pfründen und die so Ernannten wegen gesetzwidriger Amtshandlungen
zu bestrafen. Die ausgesprochenen Strafen sind vorerst ohne Belang, steigen
aber nach und nach auf beträchtliche Summen an.
22. „ [Frankreich.] Die beiden Fractionen der monarchischen Partei gehen bez.
der Fahnenfrage aus einander. Die Legitimisten erklären sich für die weiße
Fahne, die Orleanisten halten an der Tricolore fest.
24.—25. „ [Deutschrand] Congreß der social-democratischen Arbeiterpartei
[Bebel-Liebknecht) in Eisenach. Es macht sich dabei neuerdings der Gegensatz
zwischen einer mehr centralistischen und einer mehr föderalistischen Fraction
bemerkbar. Unter den Beschlüssen ist auch der: „die Partei betrachtet die
bevorstehenden Reichstagswahlen nur als Agitationsmittel und als Prüfstein
für die Verbreitung ihrer Principien, jedes Compromiß mit andern Parteien
ablehnend."
24. " [Frankreich.] Der große Wallfahrtsmonat ist zu Ende gegangen. Der
päpstliche Nuntius Chigi macht eine Rundreise durch Frankreich, um für den
Papst und die Wiederherstellung der Monarchie unter Heinrich V. zu wirken.