Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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TFrankreich. 
bez. der Einengung des Präsidenten, muß aber bez. der Verfassungs- 
gesetze dem Verlangen des Hrn. Thiers schließlich doch nachgeben und 
sich dießfalls einen Zusatz gefallen lassen. 
In der Sitzung dieses Tages stellt nämlich zunächst Berenger (vom linken 
Centrum) folgendes Amendement: „Die Nat.-Versammlung, bevor sie sich 
trennt, wird Bestimmungen treffen über die Organisation der Regierung der 
Republik; die Regierung wird möglichst bald Anträge stellen in Betreff jener 
Nationalversammlung, welche die gegenwärtige ersetzen soll, sowie in Betreff 
der Zusammensetzung und der Befugnisse der zweiten Kammer, sowie in 
Betreff der Organisation und Uebertragung der Executivgewalt.“ In der 
Begründung dieses Antrags sagt Berenger, er sei Monarchist und würde die 
Monarchie vorgezogen haben, aber er ergebe sich in das Unabänderliche und 
halte nun den Augenblick für gekommen, da man die Republik befestigen müsse. 
Broglie giebt dann Kenntniß von einem (wenigstens aufschiebenden) Amen- 
dement Audiffret-Pasquier's: „die Kammer solle nicht auseinandergehen, 
ehe sie über die Organisation und Uebertragung der Staatsgewalten Beschluß 
gefatt habe.“ Jetzt wird Minister Dufaure eingeführt. Nachdem er von 
em letztgenannten Amendement Kenntniß genommen, erklärt er im Namen 
der Regierung sich für dasselbe unter folgender Modification: Die National- 
versammlung wird vor ihrem Auseinandergehen Gesetzentwürfe beschließen 
1) über die Organisation der legislativen und exerutiven Gewalt und über 
die Art und Weise des Ueberganges der Befugnisse der gegenwärtig fungi- 
renden Staatskörperschaften an die zukünftig ihre Stelle einnehmenden, 2) 
über die Errichtung und Zuständigkeit der zweiten Kammer und 3) über das 
Wahlgesetz. Nach einer längeren Berathung im Schooß der Commission wird 
der Antrag Berenger verworfen, der Antrag Dufaure mit 19 Stimmen, und 
darauf noch ein Zusatzantrag von Ricard mit 17 Stimmen angenommen, 
wonach die Regierung der Nationalversammlung alsbald die Gesetzentwürfe 
über diese 3 Punkte zugehen lassen soll. Damit find im Wesentlichen die 
Forderungen, die Thiers in seiner Botschaft vom 13. Nov. gestellt hatte, 
wenigstens principiell erfüllt, obgleich die thatsächliche Ausführung bei der 
Stimmung der monarchischen Majorität der Nat.-Versammlung gegen Hrn. 
Thiers und seine conservative Republik und bei ihren Plänen bez. Herstellung 
der Monarchie allerdings noch in weitem Felde steht, indem der (orleanistische) 
Herzon v. Audiffret-Pasquier ausdrücklich erklärt: „Wenn die Nat.-Versamm- 
ung die Regierungsvorlage Dufaure annimmt und ihr entsprechend einen 
neuen Ausschuß ernennt, so hat dieser letztere immer nur das beschränkte Mandat, 
einen provisorischen Zustand provisorisch zu organisiren. Wenn die Kammer 
dann später etwas Definitives schaffen will, so wird sie einen neuen Ausschuß 
ernennen müssen, der mit ungeschmälertem Rechte die Verfassungsfrage zu 
behandeln haben wird.“ Immerhin wird der Beschluß allgemein als ein 
Sie des Hrn. Thiers und als eine Schlappe der Monarchsschen Coalition 
angesehen. 
  
21. Febr. Nat.-Versammlung: Der Herzog von Broglie bringt als Bericht- 
erstatter der 30er Commission den Bericht über den von ihr beschlosse- 
nen Gesetzesentwurf ein. 
Das umfangreiche Actenstück zerfällt in eine Einleitung und zwei Ab- 
schnitte. In der erstern wird ausgeführt, daß der Ausschuß das ihm ge- 
wordene Mandat in dem Sinne verstanden hat, daß er nicht bloß Verbesse- 
rungen der bestehenden Staatsgewalten, sondern auch, wenn iim dies noth- 
wendig scheine, die Einführung neuer Institutionen vorzuschlagen habe. 
Darum habe er sich aber noch keineswegs für ein förmliches Verfassungs- 
comité angesehen, welches berufen wäre, Frankreich eine definitive Regierungs- 
form anzutragen und die Kammer zum Gebrauch der ihr innewohnenden
	        
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