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Prankreich.
Gnadengesuch an den Kriegsminister zu Händen des Marschall-Präsi-
denten der Nepublik.
12. Dec. Der Marschall-Präsident der Republik wandelt die Strafe des
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Marschalls Bazaine in eine zwanzigjährige Haft um, die derselbe auf
der Insel Marguerite bei Cannes zubringen soll.
„ Die an diesem Tage stattfindenden Ergänzungswahlen zur National-
Versammlung fallen wiederum sämmtlich republikanisch aus, indem
1 conservativer Republikaner, 2 Mitglieder der fortgeschrittenen Linken
und 1 eigentlicher Radicaler gewählt werden. Die Monarchisten unter-
liegen gänzlich. Am nächsten an Stimmenzahl kommen den Gewählten
2 Bonapartisten; die 2 clericalen Legitimisten bleiben weit zurück.
Selbst in dem sonst stark clericalen Dep. Finisterre unterliegt der
Candidat der Monarchisten und siegt der republikanische Candidat.
„ Diie Regierung gibt sich umsonst große Mühe, den clerical-legitimi-
stischen Gen. du Temple zum Zurückziehen seiner in der Nat.-Ver-
sammlung gestellten Interpellation über die Beziehungen Frankreichs
zum hl. Stuhl und zu Italien zu bewegen. Der General beharrt
auf derselben. Die Clericalen und Legitimisten der Nat.-Versammlung
sind sehr unzufrieden darüber, daß doch wieder ein Gesandter beim
König von Italien bestellt worden ist.
„ Nat.-Versammlung: Der bonapartistische Abg. Haentjens interpellirt
die Regierung in Folge des republikanischen Ausfalls der Wahlen vom
vorhergehenden Tage: „ob sie auch ferner den Wahlkämpfen unthätig
zusehen wolle?“ was offenbar auf Wiederherstellung der offiziellen Can-
didaturen wie unter dem Kaiserreich abzielt.
„ Nat.-Versammlung: Die Commission für das Maire-Gesetz erstattet
ihren Bericht. Dieselbe hat den Entwurf der Regierung noch ver-
schärft, indem sie derselben resp. den Präfecten das Recht übertragen
will, die Maires ohne Ausnahme nach Belieben aus den Gemeinde-
räthen oder auch außerhalb derselben zu wählen.
„ Nat.-Versammlung: Die Armee-Commission verlangt die Bewilli-
gung von 17 Mill., um auch den zweiten Theil des Contingents ein-
berufen zu können, worauf der Kriegsminister seinerseits aus finan-
ziellen Rücksichten hatte verzichten wollen. Der Antrag wird nur mit
schwacher Mehrheit abgelehnt.
„ Die hitzigsten der franz. Bischöfe ergreifen die Gelegenheit der
neuesten Encyclicu des Papstes, um Italien, die Schweiz und vor
allem Deutschland mit den größten Schmähungen wegen ihrer „Ver-
folgung der Kirche“ zu überschütten. Allen voran sind darin der
Bischof von Angers, Msgr. Frappel, und der Bischof von Nimes,
Msgr. Plantier.
In dem Hirtenbrief des Bischofs Frappel werden zunächst die
„Näubereien“" Italiens in der gewohnten Weise dem Zorn des Himmels
überantwortet; dann heißt es von der Schweiz: „Ein kleiner, im Herzen
Europa's gelegener Staat, der sich rühmte, das Asyl der Freiheit zu sein,
hat beweisen wollen, daß der tyrannischste Despotismus sich hinter diesem