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Trankreich.
wird dann ausgeführt, daß das protestantische Deutschland und die prote-
stantische Schweiz ihren Katholiken gegenüber die würdigen Nacheiferer des
heidnischen Nom's seien, und daß alle Verfolgungen schließlich nur auf „Raub
und Diebstahl“ hinausliefen. „Vom 16. Jahrhundert an gibt der moderne
Cäsarismus dem alten nichts nach. Man weiß, wie die alten güeger der
Reformation überall, wo dieselbe durchdrang, mit den öffentlichen oder Privat-
Gütern der Katholiken umgegangen sind. Man gehe nach England, nach
Deutschland, nach der Schweiz, man blicke selbst in Frankreich um sich und
man wird constatiren, daß beinahe alles gegenwärtige Eigenthum des Pro-
testantismus aus der Plünderung unserer katholischen Altvordern hervorge-
gangen ist. Die von dem Voltairianischen Liberalismus, dem modernen
Protestantismus und der Revolution gegründeten Regierungen haben alle
denselben Rechtssinn entwickelt. Wer weiß nicht, was von 1789—1799 in
Frankreich geschah: Wer erinnert sich nicht der Confiscationen und Aus-
raubungen, welche seit bald 40 Jahren in Spanien verübt werden, ohne der
Plünderungen aus der Zeit der französischen Invasion zu gedenken? Auch
auf die greuliche Gefräßigkeit, mit der sich das wiedergeborene Italien auf
das Erbe der Kirche und ihrer geistlichen Genossenschaften gestürzt hat, brau-
chen wir wohl nicht erst hinzuweisen. Man warte nuoch ein wenig und man
wird sehen, ob Preußen sich nicht mit denselben Lorbeeren, richtiger: mit
derselben Beute, bekränzen wird. Zu solchem Acte braucht es übrigens nur
seine eigene Vergangenheit zum Vorbilde zu nehmen. Seine Geschichte be-
ginnt mit einem ungeheuren Raub, welchen Albrecht von Brandenburg an
dem deutschen Orden ausführte und wenn es jetzt durch seine Kammern die
Plünderung der Kirche zum Besten der „Altkatholiken“ oder des Staats decre-
tiren läßt, wird es nur den Ueberlieferungen und dem Ruhme seiner Wiege treu
bleiben. Damit wird es, wenn Gott sich nicht ins Mittel legt, nicht lange auf
sich warten lassen; es hat sogar diese abscheuliche Depossidirung schon begonnen,
ie man sich nur aus seinem Haß gegen den Katholicismus erklären kann.“
24. Dec. Nat.-Versammlung: beginnt die Debatte über die Steuervorlagen,
26.
30.
um das Defizit von 145 Mill. im Budget für 1874 zu beseitigen.
Der Finanzminister Magne hat sich darüber mit der Budgetcommission
nicht zu verständigen vermocht. Aus der Mitte der Versammlung
tauchen nunmehr noch weitere Amendements auf, die jedoch nicht durch-
zudringen vermögen, so daß schließlich nichts übrig bleiben wird, als
sich die Vorschläge Magne's gefallen zu lassen.
„ Von Deutschland gedrängt erläßt der Cultminister Fortoul ein
Circular an die Bischöfe gegen die wüthenden Schmähungen einiger
unter ihnen wider Deutschland, Italien und die Schweiz, das jedoch,
a#n sich schwach, nicht einmal allen Bischöfen zur Nachachtung zugeschickt
wird, sondern nur Deutschland, um seine Reclamationen zu beschwich-
tigen, und einigen der Bischöfe. Dennoch erheben die ultramontanen
Blätter ein gewaltiges Geschrei gegen diesen Eingriff in die „Rechte
der Kirche."“
„ Die Regierung veröffentlicht das Budget für 1874, obgleich die
neuen Steuern noch nicht alle bewilligt sind. Dasselbe weist deshalb vor-
erst noch kein Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben auf.
„ Die Frage des (im Hafen von Civitavecchia zur Disposition des
Papstes stationirten Schiffes) Orênoque gibt neuerdings Anlaß zu
einer Spannung mit der Regierung von JItalien.