10. Schweden und Norwegen.
Anf. Jan. (Schweden.) Das Resultat der Neuwahlen zum Reichstag
20.
ist der Regierung nichts weniger als günstig.
Die Opposition oder die sog. Landmannpartei (weil ihre Mitglieder meist
aus Landleuten besteht) geht nicht, wie die Regierung gehofft hatte, geschwächt,
sondern verstärkt aus den Wahlen hervor: von 192 Mitgliedern der II. Kam-
mer sind mindestens 120 entschiedene Anhänger dieser Partei. Dagegen ist
die Regierungs= oder Intelligenzpartei als gänzlich aufgelöst zu betrachten.
Dieß hat sich auch thatsächlich dadurch gezeigt, daß die Personen, welche
jener Partei bisher angehörten, soweit sie wiedergewählt sind, mit einigen
andern Glaubensgenossen eine neue Partei gebildet haben, welche man etwa
als Centrum bezeichnen könnte, wenn es in der Kammer eine Rechte gäbe.
Die Partei wird zunächst den gemäßigten Fortschritt repräsentiren, und wenn
man auch im Allgemeinen annehmen kann, daß dieß der Standpunkt der
Regierung ist, so kann diese doch wohl nicht mehr so unbedingt wie früher
auf den Beistand der Partei rechnen, so daß die Stellung der Regierung
sich gegen früher unbedingt verschlechtert hat. Merkwürdig ist übrigens die
Analogie, die in dieser Beziehung zwischen den Reichstagsverhältnissen Däne-
marks und Schwedens besteht. Auch in Dänemark ist die intelligente oder
doctrinäre Partei der Nationalliberalen vollständig machtlos geworden; auch
bier hat sich in der zweiten Kammer eine Mittelpartei gebildet, der es frei-
ich noch nicht geglückt ist, die nationalliberalen Elemente zu sich herüber-
zuziehen, und endlich ist auch im dänischen Folkething die Macht der Oppo-
sition der Linken, oder Bauernpartei, bedeutend gewachsen. Wenn man auch
annehmen darf, daß gegenwärtig noch die radicalen Parteien in Dänemark
und Schweden nicht in einem innern Zusammenhang stehen, so ist es doch
andererseits nicht unwahrscheinlich, daß sich ein solcher Zustand mit der Zeit
entwickeln kann, was dann zu ganz unabsehbaren Folgen führen dürfte.
„ (Schweden.) Eröffnung des Reichstags. Erste Thronrede des
Königs Oscar:
„Gute Herren und schwedische Männer! Ueber fünf Jahrzehnte find
verflossen seit der Zeit, da mein berühmter Großvater den Thron bestieg, zu
welchem ihn das schwedische Volk durch freie Wahl berufen hatte. Diese
Zeit ist für unser Vaterland eine Zeit des Friedens gewesen. Vermehrter
Wohlstand, glückliche Staatsentwicklung und ungestärte Zusammenwirkung
zwischen Regierung und Volk sind ihre auszeichnenden Züge gewesen. Karl.
Johann wurde ein Schwede, und sein Geschlecht hat eine Ehre darein gesetzt,
es zu sein. In der Liebe des Volkes sah der Stammvater seine Belohnung,