Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

Ichweden und Norwegen. 433 
neuen Volksschulgesetze und Aufhebung der Schuldhaft. Unter andern Vor- 
lagen erwartet man das in der vorigen Storthingsversammlung unvollendet 
gebliebene Wehrpflichtgesetz mit einigen Modificationen, neue Plane für den 
Generalstab und das Unterrichtswesen des Heeres, sowie neue Löhnungsbe- 
stimmungen für die Militärbeamten. Ferner einen Vorschlag über Aende- 
rungen der Strafgesetzgebung und der Gemeindeversammlungen, einen Vor- 
schlag betreffend Beiträge aus öffentlichen Mitteln zum Armenschulwesen 
nebst Erhöhung der Schullehrergehalte. Aus der Versammlung von 1869 
liegen überdieß noch zwei verschiedene Reihen von Grundgesetzvorschlägen über 
Ausdehnung des Stimmrechts vor. 
Ueber den im vorigen Jahr zwischen der Regierung des Königs 
und dem Storthing ausgebrochenen Conflict richtet der König ein be- 
sonderes beruhigendes Schreiben an den Storthing. 
Der Conflict war durch die Weigerung der Regierung, die Session des 
Storthing im vorigen Jahre zum drittenmal zu verlängern, und den Stor- 
thingsbeschluß, daß die Minister bei den Verhandlungen des Things zugegen 
sein sollten, zur Sanction durch den König zu empfehlen, entstanden. Es 
war dann eine Mißtrauensadresse erfolgt gegen die Minister, in Folge 
deren drei derselben den Abschied nahmen, und es war das Verhältniß zwi- 
schen Regierung und Repräsentation ein sehr gespanntes geworden. Das kol. 
Schreiben an das Storthing besagt nunmehr rücksichtlich der Dauer der 
Storthingssession, daß der König eine Lösung anzubahnen hoffe, die das 
Volk und die Repräsentation befriedigen werde. Was den zweiten schwierigen 
Fall betrifft, da es sich hier um eine Grundgesetzveränderung handelt, so 
verspricht der König, die Sache der ernstesten Erwägung zu unterziehen, auch 
sie nicht aus den Augen zu verlieren, doch äußert er zugleich, daß man sich 
hier nicht übereilen, sondern auch die Erfahrungen und die Verfassungen 
anderer Länder zu Rathe ziehen müsse. Das Schreiben des Königs macht 
einen nicht ungünstigen, das ganze Auftreten des neuen Königs, sein sehr 
einnehmendes Aeußere und die Art, wie er den Eid auf die Verfassung 
leistet, so wie die kurze und bündige Thronrede machen im Allgemeinen einen 
sehr günstigen Eindruck in Norwegen, ohne doch die Lage wesentlich zu ver- 
ändern. 
  
17. Febr. (Norwegen.) Storthing: nimmt das kgl. Schreiben betr. den 
25. 
vorjährigen Conflict mit 66 gegen 42 Stimmen mit folgender Tages- 
ordnung zur Kenntniß: 
„Unter schuldiger Berücksichtigung der Käädigsten Mittheilung Sr. Maj. 
des Königs an das Storthing vom 3. Febr. 1873, aber zugleich mit der 
Erklärung, daß das Storthing nicht findet, daß die Lage der Dinge, welche 
die unterthänigste Adresse vom 15. Mai 1872 hervorrief und für welche der 
Inhalt des Staatsrathsprotocolls vom 28. d. M. ohne entscheidende Bedeu- 
tung war, in einem wesentlichen Grade dadurch verändert worden, was von 
Seiten des Staatsraths nun zuletzt durch das unterthänigste Gutachten des- 
selben vom 3. d. M. ausgesprochen ist — geht das Storthing zur Tages- 
ordnung über.“ Von denjenigen Mitgliedern des Storthings, die im vorigen 
Jahr gegen die Mißtrauensadresse gestimmt, haben sich 5 dießmal der Mehr- 
heit angeschlossen. Die Regierung hat also auch hier Terrain verloren, und 
ihre Stellung, die durch die Adresse im vorigen Jahr stark erschüttert wurde, 
ist keine bessere geworden. 
„ (Schweden.) II. Kammer: beschließt mit 125 gegen 54 Stim- 
men, von der Civilliste des Königs im Betrage von 900,000 schwed. 
Thlrn. 100,000 zu streichen. 
12. März. (Schweden-Norwegen.) Der König setzt die Krönung in 
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