Die ottomannische Pforte. 449
sein, wie bei meinen andern Truppen, und den Bau von Kriegsfahrzeugen
anbelangend soll nur zu Panzerschiffen die Einholung meiner Genehmigung
erforderlich sein.“ — Am Schluffe wird noch bestimmt, daß der Vicekönig
alljährlich und in einer Zahlung einen Tribut von 150,000 Beuteln an
den kaiserlichen Schatz zu entrichten habe.
18. Juni. (Türkei.) Eröffnung der Eisenbahn nach Adrianopel, Phi-
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lippopel und Bellova.
„ (Aegypten.) Sir Samuel Baker trifft von seiner Expedition
in die afrikanischen Aequatorialländer wieder in Chartum ein, nachdem
er dieselben an Aegypten annectirt und nach seiner Behauptung die
Regierung dieser neuen Länder geordnet und eingerichtet hat.
3. Aug. (Türkei.) Die Regierung schließt ein neues Anlehen von 15
Millionen Pfd. Sterl. effectiv mit dem Crédit Ottoman général und
einer Gruppe auswärtiger Bankiers zum Curse von 54 mit 6 Proc.
Zinsen, 1 Proc. Amortisation und ohne Commission ab. Die Finanz-
noth der Pforte wird nachgerade immer ärger.
Die Verhältnisse zwischen dem türkischen Finanzministerium und der
Londoner Börse sind bereits sehr gespannte, Die Bonds-Inhaber der An-
lehen 1858 und 1862, vertreten durch ein besonderes Comité, haben die
amtlichen Mittheilungen der Banque Ottomane mit Protest zurückgewiesen,
und verlangen in kurzer Zeit befriedigendere Auskünfte, widrigenfalls sie zu
andern Maßregeln greifen werden. Um dieß zu verstehen, werden folgende
Erläuterungen gegeben. Die Anleihe vom Jahr 1858 im Belaufe von
5 Mill. Pf. St. (6 Proc. Zinsen, 2 Proc. Amortisation) ist garantirt durch
die Einkünfte der Zölle von Konstantinopel; die Anleihe vom Jahr 1862 im Be-
laufe von 8 Mill. Pf. St. (6 Proc. Zinsen, 2 Proc. Amortisation) ist garantirt
durch die Steuern auf Taback, Salz, durch den Stempel und durch die Patent-
steuer. Die Bank Ottoman hat diese verpfändeten Einkünfte einzucassiren
und dafür den Dienst der beiden Anleihen zu übernehmen, und darüber,
laut einer späteren Convention mit dem Comité, diesem regelmäßige Rech-
nungsablage zu machen. Im Juni d. J. schickte die Bank dem Comité
einen Rechnungsausweis über verschiedene bei ihr eingegangene Einkünfte,
sowie über die Verwendung dieser Gelder zu verschiedenen Zinszahlungen
aller möglichen Anlehen — ein Bericht, der offenbar nicht den Bedingungen
der Convention entspricht und daher auch von dem Comité mit Protest zurück-
gewiesen wurde. Die beiden Anlehen von 1858 und 1862 selbst scheinen
überhaupt bisher so wenig sorgfältig von der Regierung behandelt zu sein,
daß sie schon gar nicht mehr an der Börse notirt werden, und die von dem
Comité in Aussicht gestellten weiteren Schritte dürften darin bestehen, daß
die Gläubiger die ihnen verpfändeten Staatseinnahmen in Anspruch nehmen
werden. Die in der Zeitungspresse veröffentlichte Correspondenz zwischen
der Banque Impériale und dem Comité scheint nun den Erfolg der neuen
Anleihe bedeutend zu compromittiren und in Konstantinopel einige Sorge
zu verursachen. Abgesehen von dem großen Eisenbahn-Anlehen zu Anfang
dieses Jahres hat die Regierung seit 1869 nicht weniger als 70 Millionen
Lire geborgt; für diesen Nominalbelauf sind nur 45 Millionen Lire effectiv
in die Staatscassen eingegangen, und dafür, mit Ausnahme der unproductiven
und jährlich deteriorirenden Panzerschiffe, auch nicht einmal ein Straßen-
pflaster oder eine Chaussee gebaut worden; rechnen wir für diese Panzer-
schiffe, Armstrongkanonen, Flinten u. s. w. 10 Millionen ab, so bleiben
noch immer 35 Mill. Lire übrig, deren Verwendung nicht nachzuweisen ist.
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