Aebersicht der Ereignisse des Jahres 1873. 543
Tarents wurde daher für einmal bei Seite gelegt und das Ministe-
rium Lanza-Sella blieb wieder. Nach dem Klostergesetz erhob sich
jodoch eine neue Differenz. Sella hatte dem Parlament längst eine Sturz
ganze Reihe neuer Steuern vorgelegt und beharrte darauf, daß seine beriuns
Vorlage noch vor dem Schluß der Session zur Behandlung komme. sang
Die Majorität schien Anfangs dazu geneigt. Dann aber folgte ein
Umschlag. Ein Theil der Rechten gab der Linken die Hand, die Be-
handlung seiner Steuervorlagen wurde Sella schließlich verweigert und
das ganze Cabinet gab nunmehr definitiv seine Entlassung. Die Bil-
dung eines neuen Cabinets stieß zunächst auf große Schwierigkeiten:
die Linke verlangte ihren Antheil an der Siegesbeute, mehr als ihr
nach den Umständen einzuräumen möglich war. Schließlich erhielt sie
gar nichts und wurde das neue Ministerium unter dem Vorsitze
Minghetti's ausschließlich aus der Rechten und dem rechten Centrum
gebildet. Minghetti gehörte der alten Partei der sog. Consorterie an
und der erste Eindruck der Uebernahme der Geschäfte durch diese Frac-
tion, die für eine specifisch französische galt, war von Seite der öffent-
lichen Meinung eine ungünstige, entschieden mißtrauische. Allein
Minghetti hatte alsbald Gelegenheit, zu beweisen, daß er und seine
Freunde an Vaterlandsliebe hinter keiner andern Partei zurückständen
und selbst auf alte Gewohnheiten und tief wurzelnde Neigungen zu
verzichten wüßten, wenn es das Wohl Italiens erfordere. Er war
erst wenige Wochen am Ruder, als die Aussöhnung der Orleans mit
dem Grafen von Chambord am 5. August erfolgte und die monar-
chisch gesinnte Majorität der franz. Nationalversammlung unter der
stillschweigenden Connivenz des Marschalls Mac Mahon und seiner
Regierung ebenso eifrig als offen den Plan aufnahm und verfolgte,
die Monarchie in Frankreich wieder herzustellen und den Grafen von
Chambord auf den Thron seiner Bäter zurückzurufen. Der Plan
schien gar nicht ohne Aussicht zu sein, sich verwirklichen zu können;
schon behaupteten seine Freunde, die Majorität der Nationalversamm-
lung sei dafür fest gewonnen. Was das Ereigniß, wenn es eintreten
sollte, für Italien zu bedeuten habe, konnte für keinen Italiener auch
nur einen Augenblick zweifelhaft sein. Von der clericalen Partei auf
den Schild gehoben, wäre Heinrich V. lediglich ein Werkzeug in den
Händen der römischen Curie gewesen und ebenso wenig würde er, der
geschworene Feind der Revolution und alles dessen, was nicht bloß