Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 83
geschaffen werden kann. Das Element der evangelischen Gemeinde muß in
der Provinzialsynode, wie im Synodalwesen überhaupt einen kräftigen Aus-
druck finden. Die kräftige Vertretung Seitens der Gemeinde in einer Pro-
vinzialsynode wird sich äußern in der Zusammensetzung der Zahlen und in
der Weise, wie die Mitglieder gewählt sind. Werden sie aus den Kreissynoden
als den bestehenden Körpern gewählt, welche ihrerseits wiederum auf den
Gemeindekirchenräthen beruhen, so muß die Aenderung mit diesen Gemeinde-
kirchenräthen anfangen, es muß dafür gesorgt werden, daß in ihnen das
wirkliche kirchliche Bewußtsein der Gemeinden seinen Ausdruck findet. Der
Modus, wie jetzt die Wahlen vollzogen werden, giebt nach meiner Ueber-
zeugung diese Bürgschaft nicht. (Lebhafter Beifall.) Man wird also daran
zu gehen haben, die Gemeindekirchenräthe umzugestalten, die Kreissynoden zu
wählen und demnächst eine Provinzialsynode zu bilden. Zu den vielen
Aufgaben derselben wird in Zukunft gehören, Organe herzustellen, welche in
Gemeinschaft mit dem Kirchenregimente wirken sollen, die kirchenregiment-
lichen Behörden umzugestalten. Aus solchen Provinzialsynoden werden die
Elemente für die Generalsynode, für die Landessynode gewonnen werden, und
deren Aufgabe wird es sein, mit der höchsten Kircheninstanz, die augen-
blicklich den Namen „Evangelischer Oberkirchenrath“ führt, ebenfalls diesen
Umgestaltungsmodus anzubahnen und zu Ende zu führen. (Beifall.) Nach
Abschluß der Sache bedarf es des Votums des Landtags und zwar aus einer
Reihe von Gründen. Es ist nicht möglich, den kirchlichen Organen der sechs
alten Provinzen nur den Wirkungskreis zu lassen, den sie haben: ich kann
nicht glauben, daß damit ein wahres frisches Leben möglich ist; es bedarf
dazu eines ordentlichen Rechts= und Pflichtenkreises, und der wird vor Allem
gewonnen, wenn auch die äußeren Verhältnisse, namentlich die Vermögens-
verhältnisse an die anderen Organe der Kirche übertragen würden. Das
kann nur durch eine Veränderung der Landesgesetzgebung geschehen, weil
darauf die Bestimmungen über die Vermögensverwaltung beruhen. Ebenso
beruhen auf ihr die Anordnungen über die Exemption gewisser Personen
von der Gemeinde. Es bedarf aber auch die constituirte Kirche der Möglich-
keit, die Leistungen, die sie sich selbst auferlegt, beitreiben zu können. Diese
Gesichtspunkte leiteten mich, als ich die Position von 25,000 Thlrn. auf den
Etat zu bringen beantragte.
28. Febr. (Sachsen.) I. Kammer: lehnt den einige Verfassungsverände-
rungen betr. Gesetzentwurf, der von der Regierung vorgelegt und von
der II. Kammer angenommen worden, mit 23 gegen 13 Stimmen ab.
1. März. (Preußen.) Abg.-Haus: genehmigt in dritter Lesung der
zweiten Berathung die in Folge der kirchenpolitischen Gesetzentwürfe
nothwendig gewordene Verfassungsveränderung (s. den Wortlaut unter
d. 23. Januar) in namentlicher Abstimmung mit 228 gegen 108
Stimmen. Danmit ist endlich diese Frage für das Abg.-Haus nach
sechsfacher Berathung und Abstimmung erledigt.
„ (Preußen.) Ein kgl. Erlaß, der von sämmtlichen Ministern
gegengezeichnet ist, verfügt, daß das Eisenbahnconcessionirungswesen
künftig wieder dem gesammten Staatsministerium unterstehen solle.
Der Erlaß ist offenbar eine Folge der Lasker'schen Enthüllungen.
1.—3. März. (Bayern.) Der Stadtrath von Speyer beschließt, der
Klosterschule den bisherigen Beitrag aus städtischen Mitteln zu ent-
ziehen und, wenn auch mit größeren Kosten, weltliche Mädchenschulen
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