Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierzehnter Jahrgang. 1873. (14)

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Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. 
Zurückbehaltung von 198 Millionen Thaler für das Reich wird in der 
Uebersicht damit zu begründen gesucht, daß man diesen Betrag für das Reich 
noch im Jahre 1873 anzulegen beabsichtige. Den Absichten des vorjährigen 
Gesetzes zuwider scheint also der Invalidenfonds nicht aus der letzten Milliarde 
gebildet  zu werden, sondern der Vertheilung an die Einzelstaaten vorgehen 
zu sollen.  
13. März. (Deutsches Reich.) Reichstag: wählt sein bisheriges Bureau, 
 
 
Präsident Simson so wie die Vicepräsidenten Fürst Hohenlohe und 
v. Bennigsen, durch Acclamation wieder. 
„ (Preußen.) Abg.-Haus: die Regierung beantragt die Vereini- 
gung des Obertribunals und des Ober-Appellations-Gerichts (für die 
neu erworbenen Provinzen). 
14.   „ (Preußen.) Abg.-Haus: schließt seine Berathung über das erste 
der kirchenpolitischen Gesetze, die Vorbildung und Anstellung der Geist- 
lichen, und nimmt dasselbe nach dem Antrage der Commission unver- 
ändert an. 
Herrenhaus: genehmigt seinerseits die vom Abg.-Hause beschlossene 
Erhöhung der Diäten der Mitglieder des Hauses. 
15.   „ (Deutsches Reich.) Der französische Botschafter in Berlin schließt 
mit dem Reichskanzler eine neue Convention über die vollständige 
Zahlung der Kriegsentschädigung Frankreichs an Deutschland und 
die gänzliche Räumung des französischen Gebiets durch die deutschen 
Occupationstruppen bis zum 5. Sept. d. J. ab: 
„Art. 1. Nachdem von den fünf Milliarden der durch den Friedens- 
vertrag vom 10. Mai 1871 stipulirten Kriegsentschädigung die Summe von 
drei Milliarden bereits erlegt ist und von den zwei letzten Milliarden nur 
noch 1500 Millionen zu entrichten bleiben, verpflichtet sich Frankreich, von 
heute bis zum 10. Mai 1873 die auf die vierte Milliarde noch schuldigen 
500 Millionen zu zahlen, welche nach Art. 1 der Convention vom 29. Juni 
1872 erst am 1. März 1874 fällig wären. Die Theilzahlungen dürfen nicht 
unter 100 Millionen betragen und müssen der deutschen Regierung wenigstens 
einen Monat zuvor angemeldet werden. Die letzte nach dem erwähnten Ver- 
trage erst am 1. März 1875 fällige Milliarde, wird von Frankreich in vier 
Raten von je 250 Millionen Francs am 5. Juni, am 5. Juli, am 5. August 
und am 5. September 1873 gezahlt; mit der letzten Rate berichtigt Frank- 
reich gleichzeitig die seit dem 2. März 1873 aufgelaufenen Zinsen. Art. 2. 
Die Bestimmungen des dritten Absatzes des Artikel 7 des Friedensvertrags 
vom 10. Mai 1871 sowie der besonderen Protokolle vom 12. October 1871 
bleiben für die in dem vorigen Artikel verabredeten Zahlungen in Kraft. 
Art. 3. Se. Maj. der Kaiser von Deutschland, König von Preußen, ver- 
pflichtet sich, seinen Truppen die nöthigen Befehle zu geben, daß das Arron- 
dissement Belfort und die vier Departements Ardennen, Vogesen, Meurthe-et- 
Moselle und Meuse mit Ausnahme der Festung Verdun mit einem Umkreise 
von drei Kilometern binnen vier Wochen vom 5. Juli ab vollständig ge- 
räumt werden. Die Festung Verdun und der oben bezeichnete Umkreis werden 
binnen vierzehn Tagen vom 5. September 1873 ab geräumt. Bis zu dieser 
letzteren Räumung hat Se. Maj. der deutsche Kaiser, König von Preußen, 
das Recht, sich der Straße von Metz nach Verdun als Militärstraße zu be- 
dienen und die beiden Städte Conflans und Etain mit einer Garnison von 
je einem halben Bataillon besetzt zu halten. Die militärischen Autoritäten 
bleiben in Verdun und längs der Etappenstraße im Besitz der Rechte, welche
	        
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