42 Das deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 17.)
der I. Kammer vom 9. Dec. 1879 bezüglich Ausbau des Staats-
bahnsystems mit 38 gegen 28 Stimmen schließlich einfach bei.
I7. Januar. (Baden.) II. Kammer: der Minister des In-
nern legt derselben einen Entwurf betr. die Abänderung des Examen-
gesetzes für die katholischen und evangelischen Candidaten der Theo-
logie mit der Erklärung vor, daß beide Kirchenregierungen mit dem-
selben einverstanden seien.
Der Gesetzentwurf lautet: „Art. 1. Von der in Art. 1 des Ge-
setzes vom 19. Februar 1874 betr. die Aenderung einiger Bestimmungen des
Gesetyzes vom 9. October 1860 über die rechtliche Stellung der Kirchen und
kirchlichen Vereine im Staate vorgeschriebenen besonderen Prüfung zum Nach-
weis der allgemeinen wissenschaftlichen Vorbildung sind diejenigen Candidaten
befreit, welche nach beendigtem Universitätssindium, bezw. nach der durch ein
mindestens 2¼ jähriges Universitätsstudium erlangten wissenschaftlichen Reife
zum Eintritt in die practisch-theologischen Curse, eine theologische Fach-
prüfung im Großherzogkhum abgelegt haben, sofern dieser Prüfung ein
staatlich ernannter Commissär angewohnt und das Ergebniß der Prüfung
der Staatsbehörde nicht Anlaß zur Beanslandung der Candidaten wegen
Mangels hinlänglicher allgemein wissenschaftlicher Bildung gegeben hat.
Art. 2. (Uebergangsbestimmung.) Denjenigen Geistlichen welche vor Ver-
kündung des gegenwärtigen Gesetzes bereits die theologische Fachprüfung
bestanden haben, bezw. nach abgelegtem Examen für das katholische Priester-
seminar zu Priestern geweiht worden sind, kann auf eingelegte Bitte und
gelieferten Nachweis der erstandenen Abiturienten= bezw. Maturitätsprüfung
und dreijährigen Besuches einer deutschen Universität die Staatsprüfung zum
Nachweis der allgemeinen wissenschaftlichen Vorbildung erlassen werden.“
Das Gesetz vom 9. Oktober 1860, das durch diesen Gesetzentwurf
thatsächlich außer Wirksamkeit gesetzt wird, bestimmte: „Die Zulassung zu
einem Kirchenamt ist regelmäßig durch den Nachweis einer allgemeinen wissen-
schaftlichen Vorbildung bedingt. Der Umfang derselben und die Art des
Nachweises werden durch eine Verordnung bestimmt.“ Zum Vollzuge dieser
Gesehesbestimmungen erging sodann die Verordnung vom 6. September 1867,
die allgemein wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen betreffend. Die
katholische Geistlichkeit hat sich dieser Prüfung niemals unterworfen, und
die Folge war, daß die Seelsorge immer mehr verfiel.
Die Motive zu dem Gesepentwurf lauten: „Zu Artikel I.
1) Nach dem Ergebniß der von dem Ministerium des Innern sowohl mit
dem Capitelsvicariat der Erzdiöcese Freiburg als mit dem evangelischen Ober-
kirchenrath über den Gegenstand der Gesetzesvorlage gepflogenen Erörterungen
wird auf staatlicher wie auf kirchlicher Seite vorausgeseht, daß die theolo-
gische Fachprüfung, welcher ein staatlich ernannter Commissär anzuwohnen
hätte, bestehe a. für die Candidaten des katholischen Bekenntnisses: in einer
von der theologischen Facultät der Universität Freiburg abzunehmenden aka-
demischen Schlußprüfung; b. für die Candidaten des evangelisch-protestanti-
schen Bekenntnisses in der durch die Prüfungsordnung vom 1. November
1872 den Candidaten der evangelischen Theologie vorgeschriebenen theologi-
schen Vorprüfung, welche am Sitze des evangelischen Oberkircheuraths durch
eine Prüfungscommission abgenommen wird, die unter dem Vorsite des
Präsidenten des evangelischen Oberkirchenraths aus den theologischen Mit-
gliedern des lehzteren und erforderlichen Falles aus weiteren, vom Ober-
kirchenrath zu ernennenden Commissären sich zusammenseht. Mit Rücksicht