Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (August 14.) 117 
wird zum kommandierenden General des siebenten Armeekorps und 
an seiner Stelle General v. Hahnke zum Chef des Militär-Kabinets 
ernannt. 
14. August. Der Kaiser ernennt den König von Portugal 
aus Anlaß seines Besuches am Berliner Hofe zum Chef des 20. 
Infanterie-Regiments. 
14. August. (Moltke.) Feldmarschall Graf Moltke wird 
von den Funktionen als Chef des Generalstabes der Armee ent- 
bunden und zum Präses der Landesverteidigungs-Kommission er- 
nannt. Graf Waldersee wird Chef des Generalstabes der Armee. 
Am 22. August werden die darauf bezüglichen Aktenstücke im „Reichs- 
anzeiger“ veröffentlicht. Sie lauten: 
I. 
Kreisau, den 3. August 1888. 
Allerdurchlauchtigster. Großmächtigster Kaiser und König, 
Allergnädigster Kaiser, König und Herr! 
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät bin ich anzuzeigen ver- 
pflichtet, daß ich bei meinem hohen Alter nicht mehr ein Pferd zu besteigen 
vermag. 
Eure Majestät brauchen jüngere Kräfte und ist mit einem nicht mehr 
felddienstfähigen Chef des Generalstabes nicht gedient. 
Ich werde es als eine Gnade erkennen, wenn Eure Majestät mich 
dieser Stellung entheben und mir huldreichst gestatten wollen, den kurzen Rest 
meiner Tage in ländlicher Zurückgezogenheit zu verleben. 
Nur mit meinen innigsten Wünschen kann ich die Erfolge begleiten, 
welche Eurer Majestät glorreichen Zukunft vorbehalten sind. 
In treuester Ergebenheit und aufrichtigster Dankbarkeit für so viele 
mir zu teil gewordene Auszeichnungen und Wohltaten verharre ich 
Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät allerunterthänigster Diener 
Graf Moltke, Feldmarschall. 
Potsdam, den 9. August 1888. 
Mein lieber Feldmarschall! 
Obwohl Ich Mich den in Ihrem Briefe an Mich aufgeführten Grün- 
den nicht zu verschließen vermag, so hat Mich doch derselbe mit Schmerz 
bewegt. Es ist ein Gedanke, an welchen Ich Mich so wenig wie die Armee, 
deren Sein so unendlich viel Ihrer Person verdankt, gewöhnen können, Sie 
nicht mehr an dem Posten sehen zu sollen, auf welchem Sie das Heer zu 
den wunderbarsten Siegen führten, die je die Kämpfe eines Heeres krönten. 
Doch will Ich unter keinen Umständen, daß Sie Ihre uns teure Ge- 
sundheit überanstrengen; darum werde Ich, wenn auch schweren Herzens, 
Ihrem Wunsche willahren. 
Dennoch weiß Ich Mich mit Meinem Heere eins in dem Wunsche, 
Sie um das Wohl und Wehe des Vaterlandes und seine Verteidigung be- 
schäftigt zu wissen. Seit dem Heimgange Meines teuren Vaters ist das Amt 
des Präses der Landesverteidigungs-Kommission unbesetzt geblieben. Ich 
kann gewissenhaft dasselbe in keine besseren und berufeneren Hände legen, 
als in die Ihrigen. 
Darum bitte Ich Sie, dasselbe Mir und dem Vaterlande, sowie 
Meiner Armee zuliebe anzunehmen.
	        
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