Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

124 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (August 31.) 
Wohl und Gedeihen beider sorglich fördern und Preußen die Stellung sichern 
die ihm von der Vorsehung sichtlich angewiesen ist! 
Das walte Gott in Seiner Gnadel!! 
Mitternacht! 66—67. Wilhelm. 
III. 31. Dezember 1871. 
1870—1871. 
Gott war mit uns! 
Ihm sei Lob, Preis, Ehre, Dank! 
Als ich am Schluß des Jahres 1866 mit Dank erfülltem Herzen 
Gottes Gnade dankend preisen durfte für so unerwartet glorreiche Ereignisse, 
die sich zum Heile Preußens gestalteten und den Anfang zu einer Neu- 
Einigung Deutschlands nach sich zogen, da mußte ich glauben, daß das von 
Gott mir aufgetragene Tagewerk vollbracht sei, und ich dasselbe nun in 
Ruhe und Frieden fortbildend, dereinst meinem Sohne Glück bringend hinter- 
lassen würde, voraussehend, daß ihm es beschieden sein werde, die südliche 
Hälfte Deutschlands mit der nördlichen zu einem Ganzen zu einen. 
Aber nach Gottes unerforschlichem Ratschluß sollte ich berufen werden, 
selbst noch diese Einigung herbeizuführen, wie sie sich nach dem von Frankreich 
auf das frivolste herbeigeführten ebenso glorreichen als blutigen 7monat- 
lichen Kriege — nunmehr darstellt! Wenn je in der Geschichte sich Gottes 
in sichtlich gezeigt hat, so ist dies in den Jahren 1866, 1870 und 71 
geschehen. 
Der deutsch-französische Krieg, der wie ein Blitz aus heiterem Himmel 
herabfiel, einte ganz Deutschland in wenig Tagen und seine Heere schritten 
von Sieg zu Sieg und erkämpften mit schmerzlichen Opfern Ereignisse, die 
nur durch Gottes Willen möglich waren. Dieser Wille stellte mir Männer 
zur Seite, um so Großes vollbringen zu sollen. Dieser Wille stählte die 
Gesinnung der Kämpfenden in Hingebung und Ausdauer und nie gekannter 
Tapferkeit, so daß an Preußens Fahnen und an die seiner Verbündeten sich 
unvergänglicher Ruhm und neue Ehre knüpfte. Dieser Wille begeisterte das 
Volk zu nie gekannter Opferwilligkeit, zur Linderung der Leiden, die der 
Krieg unvermeidlich schlägt! 
Mit demütig dankerfülltem Herzen preise ich Gottes Gnade, die uns 
würdig befunden hat, so Großes nach seinem Willen vollbringen zu sollen! 
Möge diese Gnade ferner uns zur Seite stehen beim Auf= und Ausbau des 
neu geeinten Deutschlands, zu dem erst der Grund gelegt ist und Frieden 
uns beschieden sei, „die Güter in Demut zu genießen"“, die in blutigen, 
heißen Kämpfen errungen wurden!! — 
Herr Dein Wille geschehe im Himmel, also auch auf Erden!!! Amen!l 
Wilhelm. 
  
IV. Berlin, den 31. Dezember 1878, ½11 Uhr abends. 
Es gehet ein Jahr zu Ende, welches für mich em verhängnisvolles 
sein sollte! Ereignisse von erschütternder Art trafen mich am 11. Mai und 
am 2. Junil 
Die körperlichen Leiden traten zurück gegen den Schmerz, daß Preu- 
ßische Landeskinder eine Tat vollbrachten, die am Schluß meiner Lebens- 
tage doppelt schwer zu überwinden war und mein Herz und Gemüt für den 
Rest meiner Tage finster erscheinen lassen! Doch muß ich mich ergeben in 
den Willen Gottes, der dies alles zuließ, aber zugleich seine Gnade und 
Barmherzigkeit walten ließ, da Er mir nicht nur das Leben erhielt, sondern
	        
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