Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktober 2. Hälfte.) 153
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ gibt diese Berichte im Wortlaut
wieder und stellt ihnen eine Betrachtung über die Sklavenfrage voran.
Sie knüpft dabei an die Bemerkung des „Reichsanzeigers“, wonach
die Berichte des Generalkonsuls den Beweis dafür erbringen, daß die arabische
Aristokratie mit ihren sklavenhändlerischen Interessen der eigentliche Gegner
Deutschlands in Ostafrika sei, an, und bemerkt hierzu, die Frage sei nicht
nur für Deutschland von Bedeutung, sondern für alle zivilisierten christlichen
Nationen Europas, welche Interessen in Ostafrika haben. Bisher habe Eng-
land mit größten Opfern die Führung in dieser Frage übernommen. Mit
dem Wachsen der sklavenhändlerischen Bewegung seien jedoch die Kräfte eines
einzelnen Volkes nicht mehr genügend. Nur gemeinschaftlichem Wirken der
beteiligten zivilisierten Nationen könne es gelingen, jenen traurigen Zuständen
ein Ende zu machen. In der deutschen Presse heißt es alsbald, diese Wen-
dung könne angesehen werden als eine Bestätigung für die in der letzten
Zeit wiederholt aufgetauchten Nachrichten, wonach zwischen England und
Deutschland ein gemeinsames Vorgehen in Ostafrika beschlossen worden sei.
Ebenso wird bekannt, daß der Papst zur Bekämpfung des Sklaven-
handels in Afrika die Summe von 300 .000 Mark dem Kardinal Lavigerie
zur Verfügung gestellt hat. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ gibt diese Nachricht
an bevorzugter Stelle wieder und knüpft daran die Hoffnung, daß das Vor-
gehen des Papstes nicht vereinzelt bleiben werde. Die Lösung der afrikanischen
Sklavenfrage sei eine zivilisatorische Aufgabe unseres Jahrhunderts.
Bald darauf wird bekannt, daß die ganze Küste mit Aus-
nahme der Orte Bagamoyo und Dar-es-Salam von den Deutschen
geräumt worden ist und daß sich der Aufstand auch auf das por-
tugiesische Gebiet südlich nach Kap Delgado ausgedehnt hat.
2. Hälfte Oktober. (Zollanschluß von Hamburg und
Bremen.) Nachdem in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober der
Zollanschluß von Hamburg und Bremen an das deutsche Zollgebiet
vollzogen ist, hat in der Nacht zum 17. Oktober der freie Verkehr
begonnen. Die Feierlichkeiten im Anschluß an diesen Akt beginnen
am 28. Oktober mit einem Festmahl, welches der Senat für die
Mitglieder des Bundesrats veranstaltet. An dem Mahle nahmen
teil Staatsminister v. Bötticher und der Kultusminister v. Goßler,
außerdem sind anwesend Vertreter Bayerns, Sachsens, Württem-
bergs, Badens u. s. w. Die Stadt hat sich zum Empfange des
Kaisers auf das prächtigste geschmückt, besonders in denjenigen
Straßen, welche der Kaiser passieren wird. Am Montag, 29. Ok-
tober, trifft der Kaiser in Hamburg ein.
Nachdem der Kaiser nach einer Fahrt auf der Alster auf dem Fest-
platze angelangt, die daselbst errichtete Tribüne bestiegen hatte, hielt Bürger-
meister Versmann eine Ansprache. Hiernach wurde die für den Schlußstein
bestimmte Urkunde verlesen, in welcher die Bedeutung, Entstehung und Voll-
endung des großen Werkes des Zollanschlusses geschildert wird. Sodann
wurden dem Kaiser Kelle und Hammer überreicht. Mit den Worten: „Zur
Ehre Gottes, zum Besten des Vaterlandes, zu Hamburgs Wohl!“ führte der
Kaiser den Mörtelwurf und die Hammerschläge aus; dann folgten Feld-