Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Oktober 2. Hälfte.) 153 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ gibt diese Berichte im Wortlaut 
wieder und stellt ihnen eine Betrachtung über die Sklavenfrage voran. 
Sie knüpft dabei an die Bemerkung des „Reichsanzeigers“, wonach 
die Berichte des Generalkonsuls den Beweis dafür erbringen, daß die arabische 
Aristokratie mit ihren sklavenhändlerischen Interessen der eigentliche Gegner 
Deutschlands in Ostafrika sei, an, und bemerkt hierzu, die Frage sei nicht 
nur für Deutschland von Bedeutung, sondern für alle zivilisierten christlichen 
Nationen Europas, welche Interessen in Ostafrika haben. Bisher habe Eng- 
land mit größten Opfern die Führung in dieser Frage übernommen. Mit 
dem Wachsen der sklavenhändlerischen Bewegung seien jedoch die Kräfte eines 
einzelnen Volkes nicht mehr genügend. Nur gemeinschaftlichem Wirken der 
beteiligten zivilisierten Nationen könne es gelingen, jenen traurigen Zuständen 
ein Ende zu machen. In der deutschen Presse heißt es alsbald, diese Wen- 
dung könne angesehen werden als eine Bestätigung für die in der letzten 
Zeit wiederholt aufgetauchten Nachrichten, wonach zwischen England und 
Deutschland ein gemeinsames Vorgehen in Ostafrika beschlossen worden sei. 
Ebenso wird bekannt, daß der Papst zur Bekämpfung des Sklaven- 
handels in Afrika die Summe von 300 .000 Mark dem Kardinal Lavigerie 
zur Verfügung gestellt hat. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ gibt diese Nachricht 
an bevorzugter Stelle wieder und knüpft daran die Hoffnung, daß das Vor- 
gehen des Papstes nicht vereinzelt bleiben werde. Die Lösung der afrikanischen 
Sklavenfrage sei eine zivilisatorische Aufgabe unseres Jahrhunderts. 
Bald darauf wird bekannt, daß die ganze Küste mit Aus- 
nahme der Orte Bagamoyo und Dar-es-Salam von den Deutschen 
geräumt worden ist und daß sich der Aufstand auch auf das por- 
tugiesische Gebiet südlich nach Kap Delgado ausgedehnt hat. 
2. Hälfte Oktober. (Zollanschluß von Hamburg und 
Bremen.) Nachdem in der Nacht vom 14. zum 15. Oktober der 
Zollanschluß von Hamburg und Bremen an das deutsche Zollgebiet 
vollzogen ist, hat in der Nacht zum 17. Oktober der freie Verkehr 
begonnen. Die Feierlichkeiten im Anschluß an diesen Akt beginnen 
am 28. Oktober mit einem Festmahl, welches der Senat für die 
Mitglieder des Bundesrats veranstaltet. An dem Mahle nahmen 
teil Staatsminister v. Bötticher und der Kultusminister v. Goßler, 
außerdem sind anwesend Vertreter Bayerns, Sachsens, Württem- 
bergs, Badens u. s. w. Die Stadt hat sich zum Empfange des 
Kaisers auf das prächtigste geschmückt, besonders in denjenigen 
Straßen, welche der Kaiser passieren wird. Am Montag, 29. Ok- 
tober, trifft der Kaiser in Hamburg ein. 
Nachdem der Kaiser nach einer Fahrt auf der Alster auf dem Fest- 
platze angelangt, die daselbst errichtete Tribüne bestiegen hatte, hielt Bürger- 
meister Versmann eine Ansprache. Hiernach wurde die für den Schlußstein 
bestimmte Urkunde verlesen, in welcher die Bedeutung, Entstehung und Voll- 
endung des großen Werkes des Zollanschlusses geschildert wird. Sodann 
wurden dem Kaiser Kelle und Hammer überreicht. Mit den Worten: „Zur 
Ehre Gottes, zum Besten des Vaterlandes, zu Hamburgs Wohl!“ führte der 
Kaiser den Mörtelwurf und die Hammerschläge aus; dann folgten Feld- 
 
	        
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