Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Januar 22.) 217
seinerzeit an uns gerichteten mündlichen Aufforderungen zum Eintritt in Ver-
handlungen behufs Herbeiführung einer Verständigung mit den deutschen
Abgeordneten beantwortet hatten, von uns allerdings als feststehend und auch
gegenüber dem späteren von Sr. Durchlaucht unterm 29. November 1887
gemachten Konferenzvorschlage als geltend betrachtet wird. In jenem Be-
schlusse bezeichneten wir die grundsätzliche Zustimmung der Führer der Land-
tagsmehrheit und der Regierung zu unseren in den jüngsten Landtagssessionen
vorgebrachten Anträgen, sowie zu Änderungen der Landesordnung behufs
Sicherung der Selbständigkeit der Deutschen im Landtage als Voraussetzung
unseres Eintrittes in Verhandlungen zur Erzielung einer Verständigung.
Wohl wurde durch den Konferenzvorschlag des Herrn Oberst-Landmarschalls
der bis dahin im allgemeinen angestrebten Verständigung das bestimmt um-
schriebene Ziel unseres Wiedereintrittes in den Landtag gesteckt. Allein die
ernste Überzeugung, wie dringend das Land und das Reich des inneren Frie-
dens bedürfen, legte uns das Bestreben nahe, auf eine solche Gestaltung der
Bedingungen unseres Wiedereintrittes hinzuwirken, daß eine befriedigende
Ordnung mindestens der wesentlichsten Streitfragen gewonnen und unser Wie-
dereintritt nicht gleichbedeutend werde mit der Wiedereröffnung des nationalen
Kampfes. Von solcher patriotischer Absicht geleitet, waren wir daher be-
müht, im Sinne unseres ersten Beschlusses die in der Zuschrift vom 29. No-
vember 1887 bezeichnete Beratungsgrundlage der vorgeschlagenen Konferenz
durch Gegenvorschläge zu erweitern, welche die grundsätzliche Einbeziehung
der von uns im Landtage eingebrachten Anträge und die Ausstattung der
von der anderen Seite selbst angeregten nationalen Kurien mit einem be-
stimmt zu begrenzenden, die Wahrung der nationalen Interessen bezweckenden
Wirkungskreise zum Gegenstande hatten. Die Aufhebung der Sprachenver-
ordnungen in Verbindung mit der nationalen Abgrenzung der Bezirke und
den dazu gehörigen Modalitäten der Durchführung, die Gliederung des Lan-
desschulrates und Landeskulturrates in nationale Sektionen waren es ins-
besondere, für welche wir, durch deren Einreihung in die Beratungs-Grund-
lage, die grundsätzliche Zustimmung der Landtagsmehrheit und der Regierung
begehrten — eine Zustimmung, auf die wir um so weniger verzichten können
und dürfen, als es gerade die Frage der nationalen Abgrenzung gewesen
war, deren schroffe Ausschließung von der landtäglichen Beratung den Aus-
tritt der deutschen Abgeordneten zur unvermeidlichen Folge hatte, wir daher
folgerichtig auf deren grundsätzlicher Zulassung in den Verhandlungsbereich
einer Konferenz beharren müssen, welcher die Aufgabe gestellt wird, die Voraus-
setzungen für unsere Rückkehr in den Landtag sicherzustellen. Zudem hat das
von uns gestellte Begehren einer vorgängigen grundsätzlichen Zustimmung zu
unseren Wünschen nichts neues noch übetraschendes an sich. Schon in der
Erklärung, unter deren Abgabe vor dem versammelten Landtage wir in der
Sitzung vom 22. Dezember 1886 unseren Austritt vollzogen, haben wir es
offen ausgesprochen, daß wir von den Verhandlungen des Landtages so lange
fernbleiben würden, bis uns Bürgschaften für eine sachliche Würdigung un-
serer Beschwerden und Vorschläge geboten sind. Unser Vorgehen widerstreitet
aber auch dem Wesen der vorgeschlagenen Verhandlung nicht, denn wo es
sich, wie in unserem Falle, darum handelt, die Gegensätze in den öffentlichen
Beziehungen zweier Volksstämme auszugleichen, werden und können freie
Verhandlungen hierüber nur dann einen Erfolg verheißen, wenn sie auf dem
festen Boden einer vorangegangenen Einigung über bestimmte Grundsätze sich
bewegen. Diese Grundsätze, von welchen wir ausgehen, haben wir längst in
ausführlichster Weise im Landtage selbst und an anderen Stellen dargelegt.
Vermochten wir auf diesem Wege die Mehrheit des Landtages nicht von der
Berechtigung und Zweckmäßigkeit unserer Vorschläge zu überzeugen, und haben