Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Januar 28.—Februar 6.) 223 
der internationalen Verträge stehend, wünschen wir vor allem die Erhaltung 
des Friedens und werden auch im Interesse desselben stets bereit sein, in 
versöhnlichstem Sinne im Vereine mit den übrigen europäischen Mächten 
behufs Erhaltung der vertragsmäßigen Zustände mitzuwirken. Ich kann nur 
wiederholen, was schon seitens der Regierungen wiederholt gesagt wurde, 
daß das Bündnis der mitteleuropäischen Mächte nie etwas anderes war, als 
ein entschiedenes Friedensbündnis auf rein defensiver Basis, und deshalb 
ebenso der gewaltsamen Durchführung bestimmter politischer Fragen wie jedem 
aggressiven Vorgehen fernsteht. Da auch von Rußlands maßgebendster Stelle 
die friedlichsten Absichten verkündet werden, können wir, indem wir zugleich 
die Lebens-Interessen unserer Monarchie wahren, trotz mancher zur Zwietracht 
und zum Kriege treibender Elemente, hierauf die Hoffnung gründen, daß es 
den friedliebenden Monarchen und Regierungen gelingen werde, den Frieden 
zu erhalten und Europa von dem schwer auf demselben lastenden Gefühle 
der Unsicherheit zu befreien. 
Nachdem Helfy in der Erwiderung mit besonderem Nachdrucke seiner 
Freude über die Äußerungen des Ministers hinsichtlich der Zuverlässigkeit 
der Bündnisse Ausdruck gegeben, nehmen er und Perczel die Beantwortung 
ihrer Interpellationen zur Kenntnis. 
3. Februar und folgende Tage. (Deutsches Bündnis.) Die 
gleichzeitig mit dem deutschen Reichsanzeiger in der Wiener Abend- 
post und den Pester Amtsblättern erfolgte Veröffentlichung des 
Textes des deutsch--österreichischen Bündnisses erregt überall eine 
tiefe Bewegung, zugleich findet aber der Inhalt des Vertrages 
durchgehend eine lebhafte Zustimmung bei der überwiegenden Mehr- 
heit der Bevölkerung beider Reichshälften. Im ganzen verhalten 
sich nur Tschechen und Slowenen kühl. 
Bei einem Bankett im ungarischen Nationalkasino, an welchem 
der ganze hohe Adel Ungarns teilnimmt, wird dem Grafen An- 
drassy eine große Huldigung dargebracht. Der Oberhofmeister des 
Kaisers Graf Geza Szapary bringt u. a. folgenden Toast aus: 
„Zwei große historische Momente drücken der Epoche des wieder- 
erstandenen konstitutionellen Lebens seit 1867 ihr Gepräge auf. Das eine 
ist die Versöhnung zwischen dem König und der Nation mit dem Abschlusse 
durch die Krönung. Bei diesem Akte finden wir neben dem großen Weisen 
der Nation als providentiellen Mann den Grafen Julius Andrassy (stürmi- 
scher minutenlanger Beifall und Applaus), dem es vergönnt gewesen, die 
Krone auf das Haupt seines Königs zu setzen, und dem schon allein dafür 
die Krone des Verdienstes von seinen Mitbürgern gebührt. Der zweite welt- 
historische Moment ist die Schließung des Devensivbündnisses mit Deutsch- 
land, und da finden wir neben dem großen Kanzler des deutschen Reiches 
denselben providentiellen Mann der ungarischen Nation und der gesamten 
Monarchie, denselben Grafen Julius Andrassy. (Erneuerte, minutenlange 
Applaussalve.) Ich erhebe also mein Glas auf den Mann, dessen Name 
mit dem Andenken der beiden größten historischen Tatsachen der jüngsten 
Epoche verknüpft ist. (Beifallssturm, der sich mehrfach wiederholt. Graf 
Andrassy erhebt und verneigt sich.)“ 
6. Februar. (Österreich: Kriegsbereitschaft.) Im 
Budget-Ausschuß des Abg.-Hss kündigt der Landesverteidigungs- 
 
	        
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