Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Februar 8. 10.) 225
erklärt sich grundsätzlich für Papierrente, weist aber nach, daß eine
solche im ganzen nur in Österreich-Ungarn untergebracht werden könne,
während die Goldrente hauptsächlich im Auslande plaziert werden würde;
es erscheine aber besonders unter den heutigen Verhältnissen nicht unangezeigt,
die eigenen Geldkräfte der Monarchie zu schonen, um eventuell bei einem
anderen Anlasse um so sicherer an dieselben appellieren zu können. Verständ-
licher vermöge er sich schon nicht mehr zu äußern. (Lebhafter Beifall.)
8. bezw. 16. Februar. (Österreich: Italienischer Han-
delsvertrag.) Abg.-Hs.: genehmigt den Handelsvertrag mit Italien
mit überwiegender Mehrheit.
Die Debatte ist von ganz besonderem Interesse dadurch, daß die
Opposition mit Wärme für denselben eintritt und durch ihren Redner Beer
ihre Zustimmung als in erster Linie in der politischen engen Verbindung
mit Italien beruhend erklären läßt, während die Parteien der Mehrheit
völlig still sind und die wenigen Redner derselben eine schonungslose Kritik an
den Einzelheiten des Vertrages üben, und von ihnen die Dalmatiner Borcic
und Vitezich sich gegen denselben aussprechen, so daß der Handelsminister in
seinen Ausführungen wesentlich auf der linken Seite des Hauses ruhend erscheint.
Das Herrenhaus stimmt dem Vertrage am 16. Februar zu.
9.—10. Februar. (Österreich.) Abg.-Hs.: Handelsver-
trag mit Deutschland.) Die Debatte gestaltet sich unter der
Nachwirkung der kürzlichen Veröffentlichung des deutsch-österreichischen
Bündnisses und der Rede des Fürsten Bismarck vom 6. Februar
zu einer allgemeinen Erörterung des Verhältnisses zu Deutschland.
Bareuther (deutschnat.) eröffnet die Debatte unter vielfachem Bei-
falle der äußersten Linken mit einer Lobrede auf das Bündnis, das solchen
Enthusiasmus in Österreich erregt habe, daß der Knotzsche Antrag (vgl.
7. Febr.) hätte gestellt werden können. „Er wolle den Tag, an dem, Gott sei'
Dank, endlich wieder einmal eine deutsch-österreichische Angelegenheit besprochen
werde, nicht vorübergehen lassen, ohne im Namen seiner Gesinnungsgenossen
dem genialen deutschen Staatsmanne, der mit wahrem Seherauge den Bund
geschaffen, seine und seiner Genossen vollste Bewunderung und Anerkennung
entgegenzubringen." Besonders aber danke er auch dem Grafen Andrassy,
daß er, frei von Vorurteilen kleinlicher und ränkevoller Naturen, die nichts
vergessen und nichts lernen wollten, daß er, unbeirrt von den Strömungen,
die, gegen das Deutschtum gerichtet, das Um und Auf der Taaffeschen Politik
bilden, in die vom deutschen Kanzler ihm dargereichte Bruderhand kräftig
einschlug. (Beifall links.) In einer Zeit, in welcher hierzulande der Krieg
gegen die deutsche Sprache inner= und außerhalb der Ämter geführt wird,
der Krieg gegen die deutsche Bildung im Volksunterrichte, der Krieg gegen
den deutschen Geist in den Hochschulen (Bravo! Bravo! auf der äußersten
Linken), just in demselben Augenblicke, in welchem tschechischer Zucker und
galizischer Branntwein (Sehr gut! links) dahin zielen, das Fell, welches mit
den neuen Steuern abgezogen werden soll, unter sich zu verteilen, in dem-
selben Augenblicke ist endlich einmal eine frohe Botschaft zu uns gekommen,
aus der wir sehen, daß wenigstens im auswärtigen Amte das Verständnis
dafür, daß deutsches und österreichisches Interesse dasselbe ist, nicht verloren
gegangen ist. (Beifall links.)
Ich weiß nicht, ob der politische Gebrauch die Mitteilung einer als
vertraulich bezeichneten Urkunde an andere als die vertragschließenden Teile
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXIX. 15