Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

234 Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Februar 25. bezw. März 6.) 
desselben bejaht hatten. Doch beschließt der Gerichtshof für die der 
Anklage zu Grunde gelegten Zeitungsartikel des Angeklagten das 
Verbot der Weiterverbreitung. 
Die Anklage beschuldigt Zivny (Mähre), eine Vorbereitung für die 
nationale Einigung aller Slawen Österreichs unter russischer Suprematie 
veranlaßt zu haben und zwar dadurch, daß er von Mitte Juli bis Mitte 
Dezember 1887 durch 9 selbstverfaßte und 10 in seinem Blatte „Der Par- 
lamentär“ veröffentlichte andere Artikel zu Handlungen aufgefordert, welche 
auf Herbeiführung einer Gefahr für den Staat von außen her abzielten. 
Die Anklage beleuchtet weiter den Panslawismus und seine Tätigkeit und 
erklärt denselben innerhalb der Grenzen Österreichs in all seinen Formen 
und Bestrebungen für Hochverrat. Das Blatt des Angeklagten habe die 
ausgesprochene Tendenz langsam aber ununterbrochen dem Boden für den 
künftigen alle Slawenvölker umfassenden Staat vorzubereiten. Der Ange- 
klagte habe mit notorischen Wühlern des In= und Auslandes in Beziehungen 
gestanden, Geldbeträge erhalten, welche den Charakter des Abonnements auf 
sein Blatt überschritten und als Subventionen angesehen werden müßten und 
aus unlauteren Agitationsfonds stammten. Ferner sei er mit seiner Familie 
und seinem Schwager Wladimir Skrejschowski zur griechisch-orientalischen 
Kirche übergetreten, sein Schwager habe in seinem Auftrage und auf seine 
Kosten und unter augenscheinlich falschem Vorwande Rußland durchreist, so 
daß ein Zweifel an seiner panslawistischen Gesinnung und einem nicht ge- 
ringen Einfluß als Panslawist nicht aufkommen könne. Der kulturelle Pan- 
slawismus, den er gepredigt, sei nur der Deckmantel für den politischen 
Panslawismus gewesen, den er erstrebt und für den er gearbeitet habe. 
In seiner Verteidigungsrede führt der Angeklagte aus, daß er in 
keiner Weise als Hochverräter betrachtet werden könne, da er nichts getan, 
was nicht gesetzlich zulässig gewesen sei; die ihm gewährten Zuschüsse stamm- 
ten „von zwei hochgeehrten Staatsbürgern, welche einmal österreichische 
Minister waren.“ Er schließt: 
„Eine politische Vereinigung der Slawen habe ich nie angestrebt; es 
kann also von einem politischen Panslawismus keine Rede sein. Ich bin 
für die nationale Vereinigung der Slawen eingetreten; das war geradeso 
meine Pflicht als Slawe, wie ich als Politiker für die Einheit Österreichs 
eingetreten bin. Man kann mich daher nicht als Hochverräter betrachten.“ 
Aus den Erhebungen ergibt sich, daß infolge der Agitation Zivnys 
bereits mehrfach Mitglieder des tschecho-slawischen Vereins in Wien, angeb- 
lich aus demselben Grunde wie Zivny, nämlich um die Liturgie slawisch zu 
hören, zur griechisch-orientalischen Kirche übergetreten sind, es ergibt sich 
hieraus die enge Verbindung des Angeklagten mit dem slawischen Wohl- 
tätigkeitskomitee in Moskau, mit der Witwe Aksakows und mit einigen 
anderen bekannten panslawistischen Agitatoren in Österreich. Ferner wird 
nachgewiesen, daß Zivny 500 Rubel jährlich „als Abonnement“ für seine 
Zeitung vom slawischen Wohltätigkeitsausschuß erhielt, daß außerdem sein 
Bruder in Rußland von der Witwe Aksakows und einigen Geistlichen nam- 
hafte Geldmittel zugewendet erhielt. 
25. Februar bezw. 6. März. (Kärnten: Jesuiten.) Abg.- 
Haus: Der Abg. Hock richtet an den Kultusminister 2 Interpel- 
lationen über die vom Fürstbischof Kahn von Gurk zur Leitung des 
Priesterseminare in Klagenfurt berufenen Jesuiten (vgl. Gesch.-Kal. 
1887 VIII. 23.—XlI. Ende).
	        
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